Rathaus München:Den Boden bereitet

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Die Pionierin und ihre Nachfolgerin: Christiane Thalgott (links) und Elisabeth Merk. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Planungsreferat war das erste in München, das von einer Frau geleitet wurde. Bis heute spielt es eine Vorreiterrolle in der Stadtverwaltung

Von Alfred Dürr

Münchens Stadtplanung ist deutlich von Frauen geprägt. An der Spitze des Referats steht Stadtbaurätin Elisabeth Merk, ihre Stellvertreterin ist Jacqueline Charlier. Die einflussreiche Hauptabteilung Stadtentwicklungsplanung führt Susanne Ritter. In vielen Ressorts der Behörde geben Frauen den Ton an. Sie seien in allen Bereichen und Hierarchieebenen in der Vorwärtsbewegung, sagt Referats-Geschäftsleiter Reinhard Bäumler. Vor fünf Jahren betrug der Frauenanteil in Führungspositionen 30 Prozent, heute liegt er bei 38 Prozent. Und dieser Trend soll fortgesetzt werden.

Das Planungsreferat hat zweifelsohne eine Vorreiterrolle in der städtischen Verwaltung eingenommen. 1992 nahm mit Stadtbaurätin Christiane Thalgott erstmals eine Frau im Chefsessel des Referats Platz. Aber mehr noch: Thalgott war die erste Frau überhaupt im Kabinett eines Münchner Oberbürgermeisters. 2007 endete ihre Amtszeit. Sie habe Pionierarbeit geleistet, sagte der frühere OB Christian Ude zu ihrem 70. Geburtstag vor drei Jahren. Und den Boden dafür bereitet, dass maßgebliche Positionen in der Stadtverwaltung mit Frauen besetzt wurden und werden.

Sie war eine Galionsfigur, sagt Reinhard Bäumler, aber sie habe es anfangs ziemlich schwer gehabt. In der Tat schlug Thalgott zu Beginn der Amtszeit vor allem im Zusammenhang mit der Verkehrspolitik ein kräftiger Wind entgegen. Die Domina der Münchner Autofahrer, wurde sie genannt: Sie sei das Synonym für rot-grüne Verkehrsschikanen und eine resolute Buh-Frau mit sprödem Reißbrett-Charme. Man habe sie für Dinge geprügelt, die weit vor ihrer Zeit in München ihren Ursprung hatten, sagte Thalgott damals. Eine Rolle möge gespielt haben, dass sie eine Frau ist. Alles, was mit dem Auto zu tun gehabt habe, sei eben stark von Männern geprägt gewesen. Thalgott setzte auf die Zusammenarbeit aller Beteiligten, um das Reizthema Verkehrspolitik zu entschärfen. Der Dialog funktionierte. Die Stadtbaurätin verschaffte sich damit in der Politik- und Bauszene damit Respekt.

Die damalige Männerdomäne Planungsreferat wandelte sich. Kluge, hoch qualifizierte Frauen seien angezogen worden, durch die aus der Forderung nach Gleichberechtigung eröffnete Chancengleichheit im öffentlichen Dienst, sagt Thalgott. Auch die mannigfaltigen familienfreundlichen Arbeitszeitmodelle spielten eine Rolle. Sie erwähnt außerdem die Männer, die nach den unruhigen 68er-Zeiten sozialen Ausgleich, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit in der Stadtplanung verwirklichen wollten.

Es waren vor allem die Rathauspolitikerinnen, die auf eine weibliche Besetzung der Referatsspitze drängten. Aber Thalgotts Nachfolgerin Elisabeth Merk wurde 2007 nicht Stadtbaurätin, nur weil sie eine Frau ist. Kompetent, ruhig und beharrlich profilierte sie sich in den Vorstellungsrunden. Weibliche oder männliche Stadtplanung? Für sie ist das kein vordringliches Thema. Geduld und Durchhaltvermögen nennt sie als die wichtigsten Eigenschaften, die in solch einem Job gebraucht würden. Aus dem Spannungsfeld zwischen Kontinuität und Aufbruch mit Mut und unkonventionellen Entscheidungen Profit für die Stadtentwicklung zu schlagen, ist eines ihrer zentralen Ziele.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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