Prozess um Kampfhund:Der doppelte Diavolo

Lesezeit: 2 min

Erst geht es nur um einen Maulkorbverstoß - und plötzlich steht ein Verbrechen im Raum: Zeugen wollen einen 60 Kilo schweren Kampfhund an zwei Orten gleichzeitig gesehen haben. Der Richter warnt vor Meineid. Am Ende nimmt der Hundehalter seine Klage vor dem Verwaltungsgericht zurück.

Ekkehard Müller-Jentsch

Wie ein schwarzes Gespenst soll der mächtige Kampfhund "Diavolo" zur selben Zeit an unterschiedlichen Orten gewesen sein. Das zu beschwören waren vier Personen am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht angetreten. Die einen wollen das Tier in Moosach gesehen haben - die beiden anderen im Landkreis Fürstenfeldbruck.

Der "Cane Corso" mit dem diabolischen Name steht auf Anordnung der Stadt unter Leinen- und Maulkorbzwang. Weil der 60 Kilo schwere und tiefschwarze Nachfahre römischer Kriegshunde aber ohne den Beißschutz auf der Straße unterwegs gewesen sein soll, zeigten frühere Nachbarn den Hundebesitzer bei der Stadt an - die Ordnungsbehörde verhängte prompt 500 Euro Zwangsgeld. Doch "Diavolos" Eigentümer weigert sich zu zahlen: "Die Nachbarin will mich bloß fertigmachen."

Der Einzelrichter der 22. Kammer sah sich in der Verhandlung mit völlig gegensätzlichen Zeugenaussagen konfrontiert: Freundin und künftige Schwiegermutter des Hundehalters waren trotz mehrfacher Ermahnungen zur Wahrheitspflicht bereit, einen Eid darauf abzulegen, dass Hund und Herrchen zur fraglichen Zeit in ihrem Haus in einer Landkreisgemeinde gewesen seien.

Das Münchner Ehepaar versicherte dagegen unbeirrt, Mann und Kampfhund seien direkt vor der Motorhaube ihres Autos über eine Supermarkteinfahrt gelaufen. Als ehemalige Nachbarn würden sie den Mann und seinen "Diavolo" gut kennen - "Irrtum oder Verwechslung also ausgeschlossen".

Eine Seite muss lügen", stellte der Richter fest. Gerade sei es bloß um einen vergleichsweise harmlosen Maulkorbverstoß gegangen - "und jetzt steht das Verbrechen des Meineids im Raum". Denn wenn keine Seite nachgebe, müsse er die Akten an die Strafverfolgungsbehörde schicken. Der Richter machte deshalb dem klagenden Hundebesitzer deutlich, dass die Aussagen seiner Freundin und ihrer Mutter in direkter Abwägung etwas geringer wiegen würden als die des unbeteiligten Ehepaars.

Schon deshalb wäre es klug, die Klage zurückzunehmen und die Sache nicht eskalieren zu lassen, riet er dem jungen Mann. "Soll ich jetzt also lügen", fragte der. Die Anzeige des Ehepaars sei "inszeniert" und ihre Aussage zu perfekt.

Es habe mal einen Vorfall mit einem Dackelrüden und der früheren Nachbarin gegeben, räumte er ein. Doch das sei viel harmloser gewesen, als sie damals behauptete. "Seither hat sie mich auf dem Kieker." Die Frau meinte dagegen in einer Verhandlungspause: "Erst sind es nur kleine Hunde, dann vielleicht kleine Kinder" - der junge Mann habe seinen Hund nicht im Griff.

Der Hundebesitzer gab aber schließlich nach und zog die Klage zurück, wenn auch demonstrativ widerwillig. "Eine kluge Lösung", lobte der Richter, "die verhindert, dass der Staatsanwalt ermitteln muss."

© SZ vom 04.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: