Prozess:Schwiegermutter mit Kissen erstickt: Frau muss zehn Jahre in Haft

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  • Marion D. ist wegen Totschlags verurteilt worden, weil sie ihre 86-jährige Schwiegermutter getötet hat. Angeklagt war sie wegen Mordes.
  • In der Verhandlung hatte sie angegeben, sich nicht an die Tat erinnern zu können. Sie war in der Tatnacht betrunken.

Von Stephan Handel

Die Anklage lautete auf Mord - nach rund zwei Wochen Verhandlung kam aber eine Verurteilung wegen Totschlags heraus: Für zehn Jahre muss Marion D. ins Gefängnis, weil sie ihre 86-jährige Schwiegermutter umgebracht hat. Das Gericht konnte nicht zweifelsfrei feststellen, ob der Täterin Heimtücke vorzuwerfen sei, unabdingbar als Mordmerkmal.

Marion D. war zwar geschieden von Michael, hatte aber immer noch Kontakt zu ihrem Ex und war mit seiner Mutter sogar befreundet. Am Tattag, dem 11. November 2016, besuchte sie Michael vormittags in seiner Wohnung in der Elisabethstraße zu einem flüssigen Frühstück aus Bier, Wein und Wodka.

Die Mutter wohnte zwei Stockwerke darunter. Irgendwann am Nachmittag gingen die beiden hinunter, um nach der alten Dame zu sehen. Sie fanden sie in einer völlig unaufgeräumten und verwahrlosten Wohnung am Boden liegend - wieder einmal war sie gestürzt. Der Sohn ging zurück in seine Wohnung, angeblich um den Rettungsdienst zu rufen. Marion D. aber sagte, sie werde der Frau helfen.

Sodann hob sie die Frau auf und legte sie auf das Sofa und unterhielt sich dann mit ihr über ihre Lebenssituation. Während dieses Gesprächs, so die Anklage, soll sie den Entschluss gefasst haben, ihre Schwiegermutter zu töten. Die Staatsanwaltschaft macht dazu keine genaueren Angaben als "zwischen 16 und 20.24 Uhr".

Marion D. nahm ein Kissen und drückte es der alten Frau aufs Gesicht. Die aber wehrte sich - sie rutschte vom Sofa auf den Boden, rief um Hilfe, allein es half nichts - Marion D. drückte ihr sofort wieder das Kissen auf Mund und Nase, bis die Frau schließlich tot war. Das dauerte insgesamt rund zehn Minuten. Danach ging sie in die Wohnung des Ex-Ehemanns.

In der Verhandlung hatte Marion D. angegeben, sie könne nicht ausschließen, die Tat begangen zu haben, sie könne sich aber auch nicht mehr daran erinnern. Ein Alkoholtest in der Tatnacht ergab Stunden nach der Tat immer noch einen Wert von mehr als drei Promille. Als Motiv für die Tat hatte sie - nicht im Prozess, aber gegenüber Gutachtern - gesagt, sie habe Mitleid mit der alten Frau gehabt.

Für eine Verurteilung wegen Mordes hätte der Angeklagten Heimtücke nachgewiesen werden müssen - das war nach Ansicht des Gerichts nicht gelungen. So lautete das Urteil auch nicht auf Lebenslang, sondern auf "nur" zehn Jahre. Außerdem verfügte das Gericht, dass sie wegen ihrer Alkoholsucht in eine Entziehunganstalt eingewiesen wird - dies geschieht allerdings, so ist es bayerische Praxis, nachdem sie einen Teil ihrer Haftstrafe verbüßt hat. Ob Staatsanwaltschaft oder die Angeklagte in Revision gehen wollen, war gestern noch nicht entschieden.

© SZ vom 27.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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