Polizeiaufgabengesetz:Fakten zum neuen Gesetz

Welche Folgen hat die Novelle für Polizei und Bevölkerung?

Von Lisa Schnell

Die von der Staatsregierung geplante Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) stößt bei der Bevölkerung auf massiven Widerstand. Doch warum will die CSU das Gesetz überhaupt ändern? Und worum geht es dabei?

Warum das PAG geändert wird

Alle Bundesländer sind verpflichtet, ihre Polizeiaufgabengesetze an die neuen Datenschutzrichtlinien der Europäischen Union und an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz anzupassen. Dadurch wird im neuen PAG auch der Datenschutz gestärkt. So soll künftig eine unabhängige Stelle Daten überprüfen, die etwa bei einer Onlineüberwachung aufgenommen wurden. Die bayerische Staatsregierung geht mit ihrer Novellierung in anderen Punkten jedoch weiter als andere Länder. So wurde aus dem BKA-Urteil der Begriff der "drohenden Gefahr" übernommen, den die Verfassungsrichter laut Kritikern des PAG nur für den Bereich des Terrorismus vorgesehen hatten.

Die "drohende Gefahr"

Der neue Rechtsbegriff wurde bereits 2017 bei einer Änderung des PAG eingeführt. Demnach soll die bayerische Polizei nicht mehr wie bisher eine "konkrete Gefahr" begründen müssen, bevor sie jemanden überwacht, stattdessen soll künftig bereits eine "drohende Gefahr" genügen. Die Polizei kann dadurch früher präventive Maßnahmen ergreifen, also einschreiten, bevor eine Straftat begangen wurde. Zu diesen Maßnahmen gehören verdeckte Ermittlungen, das Abhören von Telefonen oder Onlinedurchsuchungen. Alle diese Schritte müssen jedoch vorab von einem Richter genehmigt werden. Kritiker bemängeln, das Gesetz sei zu vage formuliert, die Voraussetzungen, wann die Polizei weitreichend in Grundrechte eingreifen darf, nicht ausreichend definiert.

Erweiterte Befugnisse

Neu ist auch die Anwendung der "erweiterten DNA". Bisher darf die Polizei Spuren von Genmaterial nur dazu nutzen, die sichergestellte DNA mit der von Zeugen oder Verdächtigen abzugleichen. Die CSU will nun einführen, dass mithilfe der DNA auch Merkmale einer Person festgestellt und für die Fahndung genutzt werden dürfen, etwa Haar- und Augenfarbe oder die Herkunft. Diese Methode ist eine der Maßnahmen, die schon bei einer "drohenden Gefahr" angewendet werden dürften. Zudem soll die Polizei bereits bei der üblichen erkennungsdienstlichen Erfassung von Verdächtigen einen DNA-Abstrich durchführen dürfen. Neu ist zudem, dass die Polizei künftig Pakete und Briefe sicherstellen und auswerten darf, sobald sie eine "drohende Gefahr" vorhersagt. Die Staatsregierung sieht darin eine notwendige Anpassung an das Darknet, über das Drogen und Waffen gehandelt und verschickt werden.

Eine weitere Änderung ist, dass die Bodycams, die Polizisten zum Teil schon heute an ihrer Uniform tragen, künftig nicht mehr auf Knopfdruck eingeschaltet werden, sondern ununterbrochen laufen. Die Methode heißt "Pre-Recording" und sieht vor, dass die Aufnahmen permanent überschrieben und nur dann gespeichert werden, wenn der Beamte auf einen Knopf drückt. Der Vorteil aus Sicht der Polizei: Auch wenn der Beamte zu spät auf den Knopf drückt, um eine Situation zu filmen, hat die Bodycam automatisch alles aufgezeichnet.

Die verlängerte Präventivhaft

Unter bestimmten Voraussetzungen darf ein Richter eine Person in Haft stecken, um eine konkrete Gefahr abzuwenden. Diese Vorbeugehaft durfte früher in Bayern maximal 14 Tage andauern. Aber seit einer Gesetzesänderung im Juli 2017 dürfen Verdächtige ohne Anklage bis zu drei Monate eingesperrt werden. Anschließend entscheidet ein Richter, ob die Haft maximal um weitere drei Monate verlängert wird. Dieser Vorgang kann sich theoretisch alle drei Monate wiederholen, eine Höchstfrist gibt es nicht mehr. Kritiker der Novelle sprechen daher von einer drohenden Unendlichkeitshaft. Eine tatsächliche Straftat muss dafür allerdings nicht vorliegen, eine "konkrete Gefahr" reicht aus. Auch wenn ein Verdächtiger sich weigert, eine Fußfessel zu tragen, kann er dafür eingesperrt werden.

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