Paul Kalkbrenner im Zenith:Alles sehr kalkbrennerisch

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Unten zappeln die Fans, oben zappelt er: Paul Kalkbrenner am Mischpult. (Foto: dpa)

Der Vater aller Mainstream-DJs macht in München alles wie immer. Und wie immer alles richtig.

Konzertkritik von Mario Schütze, München

Lange Frost-Schlangen vorm Münchner Zenith: Jeder Gast muss sich am Mittwochabend zunächst ausweisen. DJ Paul Kalkbrenner setzt auf personalisierte, mit Namen versehene Tickets, um einen Zweitmarkt mit Wucherpreisen zu verhindern. Das dauert bei 6000 Fans und nur fünf Einlass-Schleusen seine Zeit, so dass das Konzert erst eine halbe Stunde später beginnt.

Wabern, wummern, weichspülen

Das ist dann aber auch schon fast die einzige Überraschung, die der in Leipzig geborene und sagenhaft aufgestiegene Ostberliner, 38, nach seinem USA-Trip nun hier auffährt. Wie sein aktuelles Nummer-eins-Album "7" kommt die Euro-Tour dazu genauso überraschungs-, ja spannungsarm daher. Positiver ausgedrückt: Es klingt alles sehr kalkbrennerisch.

Paule bleibt sich treu, macht eben Familien-Techno für alle zwischen 8 und 88. Weltweit. Er unterlegt eingängige Beats mit schmalzig-schmusigen Melodien und Vocals, damit bloß niemand aus dem Gute-Laune-Takt kommt. Deep-House-Stimmung? Fehlanzeige. Eher Fahrstuhlmusik mit Wabern und Wummern in Endlosschleife. Und dann spült er auch noch auf "7" in "Feed Your Head" den berühmten Jefferson-Airplane-Titel "White Rabbit" im Electro-Waschgang weich, unter Verwendung der Originaltonspuren.

Trotzdem: Die treue Anhängerschaft in der ausverkauften Halle, mittlerweile meist viel jünger als ihr Star, wippt, tanzt, springt, kopiert den Bassbums mit den Händen, schwitzt, filmt mit dem Handy. Und Kalkbrenner? Zappelt oben auf der Bühne in grell-warmem Licht hinter seinem Mischpult - und sagt nichts.

Die zerstörte Wohlfühllandschaft

Dabei kann es der Bayern-Fan, Jung-Papa und Vater aller Mainstream-DJs doch eigentlich. Seine Soundtrack-Single "Sky And Sand" aus dem Hannes-Stöhr-Film "Berlin Calling" (2008), in dem er den Drogen-DJ spielt, hielt sich vollkommen zu Recht 128 Wochen in den Charts - Rekord. Sie sorgt natürlich auch in München für den Höhepunkt.

Aber auch von seinen neuen Songs fallen einige überraschend positiv aus der Reihe. Etwa "Mothertrucker", dessen heiser Synthie die Wohlfühllandschaft kurzzeitig zerstört. Oder in "Cylence 412" lässt er sein Pfeifen, mit dem er gewöhnlich seine Melodien anfangs entwickelt, einfach drin. Ein Sommerlied im Winter. Dazu etwas Funk, Blues und Soul. Es geht doch, Paule!

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