Pasinger Krankenhaus:Missbraucht im Aufwachraum

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  • Drei Frauen wurden im Pasinger Klinik sexuell missbraucht, als sie betäubt und wehrlos im Aufwachraum lagen.
  • Der Täter - damals Pfleger im Klinium wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.
  • Nun verlangen die Opfer Schmerzensgeld von der Klinik, bislang vergeblich.

Von Stephan Handel

Narkotisiert, hilflos, wehrlos - und dann sexuell missbraucht: Was drei Patientinnen des Pasinger Klinikums vor rund zwei Jahren passiert ist, dürfte eine der schlimmsten Schreckensvorstellungen jeder Frau sein. Der Täter, ein zur Tatzeit 38-jähriger Pfleger des Klinikums, wurde Ende 2013 zu drei Jahren Haft verurteilt. Nun jedoch verlangen die Opfer Schmerzensgeld von seinem Arbeitgeber, dem Krankenhauskonzern Helios, zu dem das Pasinger Haus mittlerweile gehört. Der jedoch weigert sich.

Die Opfer konnten nicht um Hilfe rufen

Alle drei Patientinnen, eine 27-jährige Studentin, eine 30-jährige Krankenschwester und eine 21-jährige Auszubildende wurden im Pasinger Krankenhaus operiert, eine im März 2012, die anderen beiden im März 2013. Nach der OP wurden sie, wie üblich, in den Aufwachraum gebracht, zur Überwachung und um zu warten, bis die Narkosemittel ihre Wirkung verlieren. Dort, so hat es das Strafgericht in seinem Urteil festgestellt, hat sich der Pfleger an die immer noch betäubten Frauen herangemacht, hat sie an den Brüsten und an anderen Körperteilen gestreichelt. Die Patientinnen bekamen die Taten zwar mit, konnten sich aber nicht dagegen wehren und auch nicht um Hilfe rufen.

Im Prozess hatte die Verteidigung des Angeklagten geltend gemacht, die Patientinnen hätten die sexuellen Handlungen unter dem Einfluss des Narkosemittels Propofol nur fantasiert. Diese Einlassung jedoch hatte eine Gutachterin widerlegt: Es seien insgesamt nur fünf Fälle solcher angeblicher Fantasien bekannt - drei davon seien die, um die es in dem Prozess ging.

Schlafstörungen und Ängste als Folge

Die Verurteilung des Täters war für die drei Opfer eine Genugtuung - dennoch leiden sie bis heute unter den Taten. Die Krankenschwester berichtet, dass sie mit Panikattacken zu kämpfen hatte, sich nicht mehr aus dem Haus traute, Angst vor Männern hatte, sogar ihr neben dem Beruf betriebenes Studium aufgeben musste. Auch die beiden anderen Frauen erzählen von Schlafstörungen und davon, dass sie oft nur mit der Hilfe von Tabletten durch den Tag kamen.

Alles Folgen der Tat - und der Versäumnisse des Klinikums, meint Manfred Werthern, der Anwalt der drei Frauen: Er wirft dem Klinikum vor, nichts unternommen zu haben, obwohl das "merkwürdige Gebaren" des Pflegers bekannt gewesen sei. Das erste Opfer habe sich nach der Tat an einen Oberarzt gewandt, der habe aber abgewiegelt. "Es ist nichts passiert", sagt Werthern. "Der Pfleger ist nicht suspendiert oder versetzt worden, er wurde nicht einmal unter schärfere Beobachtung gestellt."

Erst nach den zweiten Taten kam Bewegung in die Angelegenheit. Aber auch hier wurde den beiden Opfern - die zufällig im gleichen Krankenzimmer lagen - zunächst nicht geglaubt: Als sie entdeckt hatten, dass sie beide die gleichen fürchterlichen Erlebnisse im Aufwachraum gehabt hatten, wandten sie sich an eine Nachtärztin. Die habe die Angelegenheit jedoch abgetan, und sie auf den nächsten Tag vertröstet, anstatt sofort die Polizei zu rufen.

Argumente des Angeklagten sind nicht glaubwürdig

Als die dann endlich eingriff, fand sie auf dem Handy des Mannes Erstaunliches: Mehr als 50 Fotos, ausschließlich von Frauenbrüsten. In der Begründungs des Strafurteils gegen den Mann sagte der Richter, schon allein das weise auf eine "gewisse Brustfixierung" des Angeklagten hin. Das Argument mit den angeblichen Fantasien unter dem Einfluss des Narkosemittel war für das Gericht nicht glaubwürdig: "Nicht das Medikament hat ,bad trips' ausgelöst - der Alptraum waren Sie", sagte der Richter zum Angeklagten.

Eine Sprecherin des Helios-Konzerns äußerte auf SZ-Anfrage tiefes Bedauern über die Vorfälle. Zur Frage, ob ein Organisationsverschulden vorliegt, wollte sie unter Verweis auf das laufende Verfahren keine Angaben machen. In den anwaltlichen Schriftwechseln weigert sich das Unternehmen bislang, einen Schadensersatz anzuerkennen: Die Taten des Pflegers seien "schuldhafte Exzesshandlungen", der Arbeitgeber könne dafür nicht verantwortlich gemacht werden. Der Pfleger sei überwacht gewesen. Die Patientinnen seien nicht alleine mit ihm im Aufwachraum gewesen. Diese bestreiten das allerdings.

Zwei Mal 10 000 Euro und einmal 15 000 Euro will Manfred Werthern für seine Mandantinnen erstreiten - vor Gericht treffen sich die Parteien erstmals am kommenden Dienstag, zu einem Gütetermin.

© SZ vom 18.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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