Olympia 2018:"Der Wintersport muss in die Stadt"

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Axel Müller, Chef des Skiverbands, will die Münchner mit Halfpipes und Skibergen für Olympia begeistern.

G. Kleffmann, M. Ruhland

Für Axel Müller, 58, ist eine erfolgreiche Olympia-Bewerbung nicht nur eine Frage hochdekorierter Sportbotschafter und spendabler Sponsoren. Die Begeisterung für die Spiele müsse in der Stadt spürbar sein, sagt der Chef des Skiverbandes München, dem mehr als 200 Klubs angehören.

Eine Schneekanone häuft im Münchner Olympiastadion vor der Südkurve Berge von Kunstschnee an. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

SZ: Seit Wochen herrschen beste Bedingungen zum Skifahren. Ausgerechnet in diesem Winter mussten Sie das Projekt Fröttmaninger Skiberg aufgeben. Blutet Ihnen das Herz?

Axel Müller: Mit Sicherheit. Unsere Option lautete wieder nur: sechs Wochen Probebetrieb. Mit dem kleinen Seillift kommen wir nur bis zur Hälfte des Hügels, wir bräuchten ein festes Fundament. Der ganze Aufwand war uns zu groß. Wir haben ja schon in den Vorjahren gezeigt, dass der Skibetrieb funktioniert. Aber gegen eine feste Einrichtung über den ganzen Winter sträubt sich die Stadt.

SZ: Das ist nicht die beste Voraussetzung für die Olympia-Bewerbung. München wird nicht als Wintersportort wahrgenommen. Was müsste besser laufen?

Müller: Ich glaube, dass die Stadt und die Bewerbergesellschaft mit ihren Repräsentanten sehr viel tun. Sie sind sehr rührig, was Pressetermine und Sportbotschafter betrifft. Jetzt ist aber die Basisarbeit entscheidend. Es geht darum, die Münchner für die Idee zu begeistern. Wir müssen ein Stück Winter in die Stadt bringen. Das könnte mit einer dauerhaften Loipe beginnen, die man beschneit und pflegt, - und sollte eben einen Skiberg umfassen. Deshalb ist für mich das Wintersportfestival vom 26. bis 28. Februar im Olympiapark als erster Schritt sehr wichtig, um die Menschen mit Wintersport zusammenzubringen.

SZ: War das Sportfestival Ihre Idee?

Müller: Nein, das Sportamt hat das angeschoben, ich wurde über Umwege informiert. Dabei war nur geplant, etwas Schnee vom Arber anzuliefern, um einen großen Schneemann zu bauen. Das habe ich als extrem wenig empfunden. Ich sagte: Wir wissen vom Fröttmaninger Berg her, wie es geht. Im Olympiastadion häufen wir gerade einen Berg von Schnee an. Statt 75.000 Euro fallen dank des Sponsorings der Beschneiungsfirma Kosten von weniger als 5000 Euro an. Nach drei, vier kalten Tagen haben wir gewusst, es passt. Und das wiederum hat mich nachdenklich gemacht. Es wäre so einfach, einen kleinen Berg zu beschneien.

SZ: Und die Begeisterung bei den Münchnern sieht man ja momentan.

Müller: Klar, zurzeit ist jeder Hügel in der Stadt bevölkert und wird befahren. Das Festival, auf dem 20 Sportarten ausprobiert werden können, ist daher eine gute Idee. Es ist auch sinnvoll, dass alle mit im Boot sind, die Stadt, der Olympiapark und die Bewerbungsgesellschaft.

SZ: Ein Skihang in der Stadt wäre ein Zeichen für die Olympiabewerbung?

Müller: Wir könnten zeigen, dass es möglich ist, in München Wintersport zu betreiben. Ich setze auf den für die Bewerbung entscheidenden nächsten Winter. Der Skihang in Fröttmaning täte der Bewerbung garantiert nicht schlecht - da wurde bislang eine Chance vertan.

SZ: Sind Sie als Münchner Skiverbandspräsident nicht richtig eingebunden in das Bewerbungskonzept?

Müller: Im Moment nur über das Wintersportfestival. Damit bin ich näher dran als vorher, es ist ein Anfang. Ich habe so Kontakt zu Willy Bogner bekommen. Bislang ist aber niemand auf uns zugekommen und hat gesagt: Ihr seid die Basis, wie kommen wir zusammen?

SZ: Sie stehen als Präsident des Münchner Skiverbandes mehr als 200 Klubs vor, davon 88 in München. Wie kommt dort die Olympia-Bewerbung an?

Müller: Viele haben das Gefühl, es lohnt sich wieder, sich ehrenamtlich mehr reinzuhängen. Zwei Skisportler aus München sind ja gerade in Vancouver dabei, da hatten wir lange nicht mehr. Slalomfahrerin Katharina Dürr aus Germering und der Snowboarder Patrick Bussler aus Aschheim. Viele merken: So unmöglich ist es doch nicht, zu Olympia zu gelangen. Und jetzt sehen die Skiklubs zudem eine Riesenchance in Münchner Winterspielen 2018.

SZ: München positioniert sich damit, nachhaltige Spiele, also Öko-Spiele durchzuführen. Kann es das aus Ihrer Sicht geben, öko-gerechte Winterspiele?

Müller: Wenn ich mir Vancouver anschaue, wo der Schnee mit Lastwagen und Hubschrauber angekarrt wurde, dann würde ich sagen, das alles wäre hier nicht nötig. Die Aufteilung in ein Schnee- (Garmisch; d. Red.) und ein Eiscluster (Königssee) ist absolut sinnvoll.

SZ: Sehen Sie eine Chance, eine olympische Schneedisziplin nach München zu holen?

Müller: Im Olympiapark könnte ich mir einen Biathlon-Sprint vorstellen. Im Stadion wird geschossen, dann geht es raus in den Park und über eine Schleife wieder rein. Das wäre genial. Dann hätte München etwas, das die anderen nicht haben: ein Event direkt in der Stadt.

SZ: Ist das Thema, wo welche Wettbewerbe stattfinden, nicht schon durch?

Müller: Ich will keine Unruhe reinbringen, aber vielleicht lässt sich noch das eine oder andere verändern. Man könnte auch eine Halfpipe in der Stadt aufbauen. Vielleicht spielt es eben schon eine Rolle, dass man die eine oder andere coole Sportart in der Großstadt präsentiert.

SZ: Haben Sie Ihre Ideen offiziell vorgetragen oder sind sie nur in Ihrem Kopf?

Müller: Die sind schon lange in unseren Köpfen. Die Bewerbergesellschaft hat die Basis aber nicht befragt. Die Möglichkeiten wurden in diese Richtung gar nicht ausgelotet.

SZ: Das könnte sich als Schwäche erweisen. Zumal sich das IOC ja nochmals ein Bild von der Wintersportstadt München machen will.

Müller: Im nächsten Winter kommt eine Evaluierungskommission und fängt die Stimmung in der Stadt ein. So ein kalter Winter wie 2010 würde uns im nächsten Jahr supergut tun. München sollte sich dann als Stadt präsentieren, die die Menschen nicht nur in die nahen Berge schickt, sondern auch den Wintersport selber lebt. Allein der Lift am Fröttmaninger Berg könnte ein starkes Zeichen setzen.

SZ: Was müsste bis zum Juli 2011 noch passieren, wenn das IOC die Olympiastadt 2018 bestimmen wird?

Müller: Am 19. Dezember 1910 ist der Skiverband München gegründet worden, wir feiern also 100 Jahre organisierten Skilauf. Das ist ideal, um daraus eine große Veranstaltung zu machen. Dann will man das Wintersportfestival wieder durchführen und größer aufziehen. Wichtig wäre es, vor der Ski-WM 2011 in Garmisch eine Veranstaltung zu platzieren. Man könnte in München eine Art Prolog durchführen, mit Spitzenskifahrern, die einen Parallelslalom fahren.

SZ: Sind solche Ideen bei der Bewerbungsgesellschaft überhaupt erwünscht?

Müller: Ja, durchaus. Zumindest hat Willy Bogner gesagt, dass das alles interessant sei. Wenn er aus Vancouver zurück ist, werden wir uns sicher treffen. Ich glaube schon, dass er merkt, dass an der Basis eine gewisse Unruhe herrscht, manche mit den Hufen scharren und etwas machen wollen.

SZ: Wie sehen Sie Münchens Chancen?

Müller: Klar ist, dass die Anzahl der zu schlagenden Kontrahenten nicht sehr groß ist. So eine gute Chance wird nicht so schnell wiederkommen. Und jeder weiß: Deutschland ist ein Superstandort, organisatorisch wird alles klappen.

© SZ vom 20.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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