Oktoberfest-Gottesdienst:Spaß an Höllenritten

Lesezeit: 2 min

Wiesnpfarrer Martin Fuchs ist auf Volksfesten in ganz Deutschland zu Hause. Seine Freizeit auf dem Rummel verbringt er mit einem adrenalintreibenden Hobby.

A. Becker

Wenn's rasant, wild und schnell wird, dann blüht dieser Mann förmlich auf. Die braunen Augen sprühen in diesen Momenten Funken, und in sein Gesicht schleicht sich ein Ausdruck, der schon fast mit "glückselig" beschrieben werden kann. Dabei würde wohl kaum jemand auf Anhieb vermuten, dass die Leidenschaft dieses Mannes den Fahrgeschäften auf sämtlichen deutschen Volksfesten gilt.

Denn der Mann ist Pfarrer Martin Fuchs. Und er hat gewissermaßen seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Er ist der Leiter der katholischen Zirkus- und Schaustellerseelsorge in Deutschland. Als solcher wird er den heutigen Wiesngottesdienst im Hippodrom halten.

Wie gemacht für diese Aufgabe Bereits seit fünf Jahren hält er das Amt des Wiesnpfarrers inne. Und wenn man ihn so darüber erzählen hört, wird einem schnell klar: Diesem Mann wurde diese Aufgabe quasi in die Wiege gelegt. "Volksfeste und Fahrgeschäfte - das kenne ich von Kindesbeinen an", sagt der 50-Jährige. Erst vor kurzem sei ihm die 100. Ausgabe der Schaustellerzeitschrift Kirmes Revue in die Hände gefallen, dort seien Bilder von Fahrgeschäften aus den sechziger und siebziger Jahren gezeigt worden: "Die kannte ich alle noch, die sind mir bis heute absolut präsent."

Seine Großmutter hatte einst einen Obststand in Neumarkt in der Oberpfalz, der Heimat von Pfarrer Martin Fuchs. Und mit damit zog sie von Volksfest zu Volksfest, und das Kind Martin Fuchs durfte sie dort jedes Mal besuchen: "Ich habe meine großen Ferien eigentlich immer auf einem Volksfest verbracht." Mal bringt er der Oma Ware, mal sitzt er irgendwo an einer Kasse, mal hilft er in irgendeinem Imbissstand mit. Und er testet jedes Fahrgeschäft.

Erste Taufe auf dem Volksfest Mit der Zeit kennt er viele Schausteller persönlich, und als er sich entschließt, Pfarrer zu werden, heißt es: "Wenn du das bist, dann kommst aber bitte auch zu uns." 1986 wird Martin Fuchs zum Priester geweiht, 1989 tauft er das erste Kind auf einem Volksfest, ein Mädchen. Er arbeitet zu dieser Zeit als Gemeindepfarrer in Greding und später auch in Heideck. Doch seine Ferien im August und September verbringt er noch immer auf allen möglichen Dulten.

Sein Bekanntheitsgrad dort steigt immer weiter - und endet damit, dass er im Februar 2004 von der Bischofskonferenz gefragt wird, ob er denn bereit sei, als Schausteller-Seelsorger zu arbeiten. Vier Wochen denkt er darüber nach, gilt es doch, abzuwägen, "ob das ewige Unterwegssein wirklich etwas für mich ist". Fuchs sagt zu.

Schaustellerleben wird immer härter 8000 Kilometer legt er seither im Jahr zurück, er reist von Volksfest zu Volksfest, tauft dort Kinder, richtet einen mobilen Dienst zur Vorbereitung auf Kommunion und Firmung ein, betreut die Schausteller in guten und schlechten Zeiten. Das Dasein sei für die Schausteller "sehr hart geworden", sagt er. Früher habe der Verdienst von sechs Monaten gereicht, um die restliche Zeit des Jahres davon zu leben und in Neuheiten zu investieren, heute seien die Schausteller oft elf Monate im Jahr unterwegs: "Ohne Weihnachtsmärkte geht heute nichts mehr."

Mit den wenigen Erholungsphasen seien auch die Probleme gewachsen: "Ich werde oft gefragt, was aus der beruflichen Bildung der Kinder werden soll. Mittlerweile gibt es dafür Betreuungslehrer, die sich darum kümmern, doch noch immer zu wenig." Und dann ist da ja noch die Weihe von neuen Fahrgeschäften, wie heuer von "Flip Fly" oder "The Tower". Eine Aufgabe, die Fuchs gern übernimmt, allerdings nicht, ohne sie selbst zu testen: "Das schafft Vertrauen, bei Schaustellern, aber auch beim Publikum." Und es macht ihm Spaß, sichtlich.

© SZ vom 24.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: