Oberlandesgericht:Falsch geklagt

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Die Druckwelle verursachte an den umliegenden Gebäuden, etwa in diesem Kebap-Laden in der Feilitzschstraße, große Schäden. (Foto: Robert Haas)

Wer für die Schäden der Schwabinger Bombensprengung aufkommen muss, bleibt fraglich

Von Stephan Handel

Es geht nämlich, damit das mal klar ist, um "rechtsträgerübergreifende Gesamtverantwortung" im Fall der Schwabinger Fliegerbombe und ihrer Sprengung im August 2012. Das ist, so gesehen, sehr gut für die Stadt, nicht so gut für den Freistaat und gar nicht gut für den Axa-Versicherungskonzern: Der hatte die Stadt verklagt, weil bei dreien seiner Versicherungsnehmer durch die Sprengung erheblicher Schaden entstanden ist, 400 000 Euro. Die hat die Versicherung ersetzt, jetzt möchte sie das Geld vom Verursacher des Schadens zurückbekommen.

Das Oberlandesgericht (OLG) scheint ihr dabei aber am Donnerstag einen Strich durch die Rechnung gemacht zu haben: Statt des erwarteten Urteils verkündete der 1. Senat einen so genannte Hinweisbeschluss. Und in dem stand: Die Versicherung hat die falsche verklagt - nicht die Stadt ist der richtige Ansprechpartner, sondern der Freistaat Bayern. Und deshalb sieht es nun so aus, als müsste das ganze Verfahren noch einmal mehr oder weniger von vorne beginnen.

Die Axa hatte die Stadt verklagt, weil sie sie als federführend bei dem gesamten Einsatz rund um Auffindung und schließlicher Sprengung der 250-Kilo-Bombe gesehen hatte. Diese Sprengung sei grob fehlerhaft gewesen, wodurch die Schäden an den Ladengeschäften der Versicherten entstanden seien. Zwar sei es richtig, dass der - private - Kampfmittelräumdienst im Auftrag des bayerischen Innenministeriums tätig geworden sei, mit dem er seit langen Jahren vertraglich verbunden sei. Die Befehlsgewalt und sowieso die gesamte Einsatzleitung habe jedoch bei der Stadt gelegen, weshalb sie nun auch für die Schäden aufkommen müsse.

Falsch, sagt das OLG, zumindest vorläufig: Im einschlägigen Gesetz seien als Sicherheitsbehörden genannt die Gemeinden, die Landratsämter, die Regierungen und das Staatsministerium des Innern. Unter diesen Institutionen gelte jedoch bei so genannten "Sicherheitsstörungen" keine Rangfolge, sondern eben die "rechtsträgerübergreifende Gesamtverantwortung". Insbesondere sei es nicht so, dass höherrangige Behörden aus der Verantwortung entlassen sind, wenn eine niedrigere tätig wird: Wenn die Stadt sich um die Fliegerbombe kümmert, heißt das nicht, dass der Freistaat aus dem Schneider ist.

Vielmehr ist es so, dass "im Innenverhältnis der Behörden abgestimmt die Stelle agieren soll, die am besten dazu in der Lage ist", wie es in dem OLG-Beschluss heißt. Die Kampfmittelbeseitigung ist aber auf jeden Fall originäre Aufgabe des Freistaats - das zeigten ministerielle Bekanntmachungen und auch der Vertrag zwischen ihm und der Räumfirma. Der Freistaat habe also nicht die Stadt bei einer ihr zugewiesenen Aufgabe unterstützt, sondern die Sprengung in eigener Zuständigkeit ausgeführt. Daran ändere auch nichts, dass die Stadt an der gesamten Aktion ja durchaus beteiligt war: "Zum einen ging es um die Entschärfung der Bombe selbst, die nach der dargestellten Rechtsauffassung des Senates dem Freistaat Bayern oblag; zum anderen um die Aufgabe, die mittelbar durch die Sprengung der Bombe bestehenden Gefahren für Sachen ebenso wie Leib und Leben durch Evakuierung, Sperrungen usw. zu begegnen."

Kläger und Beklagte haben nun vier Wochen Zeit, sich zu dem Beschluss zu äußern. Danach erst kann entschieden werden, wie es denn weitergeht. (Az.: 1 U 813/17)

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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