NullAchtNeun:Konsole mit Klang

Lesezeit: 2 min

Heutzutage aber ist die Pflege der Hausmusik weitgehend aus dem Familienalltag entschwunden. Mit einer neuen Playstation kehrt sie zurück.

Karl Forster

"Du holde Kunst, in wieviel grauen Stunden / Wo mich des Lebens wilder Kreis umstrickt / Hast du mein Herz zu warmer Lieb entzunden / Hast mich in eine bessre Welt entrückt..."

Sie musizieren wieder zusammen, wenn auch anders: Eine Familie macht Hausmusik. (Foto: Foto: Hess)

Der Dichter hieß Franz von Schober und war ein guter Spezl von Franz Schubert, der zu diesen Worten eine anrührende Musik schrieb, denn diese war ja schließlich gemeint mit der "holden Kunst". Ungeachtet kleiner grammatikalischer Ungenauigkeiten diente dieses Lied auch als Motivation für jene Art von Musik, die mit dem Zusatz "Haus" dazu beitragen soll, die Familienbande zu festigen.

Wer jemals erlebt hat, wie Vater (Klavier), Mutter (Geige), Tochter eins (Blockflöte), Tochter zwei (ebenfalls Blockflöte) und Sohn (Schepperl) das "Ännchen von Tharau" erklingen lassen, weiß um die Kraft dieser holden Kunst.

Heutzutage aber ist die Pflege der Hausmusik weitgehend aus dem Familienalltag entschwunden, was unter anderem am iPod liegt, den sich auch obengenannte Musterfamilienmitglieder in die Ohren stecken und so den individuellen Musikgeschmack bedienen können, ohne sich um einen kleinsten gemeinsamen Nenner namens "Ännchen von Tharau" bemühen zu müssen.

Traurig, aber logisch also, dass unlängst auch das Münchner Label "Hausmusik" aufgeben musste. So mag der nostalgische Hobbymusiker diese elektronischen Spielzeuge in die "tiefsten Tiefen der Dschehenna" (Karl May) wünschen, weil er niemanden mehr findet, mit dem zusammen er mehr oder weniger wohlklingenden Lärm machen könnte.

Doch ist nicht alles in diesem Sinne schlecht, was elektronisch ist. Man nehme die sogenannte Playstation als Beispiel. Normalerweise assoziiert man mit ihr den tumben Fußballprofi, der sich die Zeit zwischen den Spielen mit einer Playstation vertreibt, damit er nicht reden muss, weil er das nicht richtig kann. Das ist natürlich ein Vorurteil, weil heutzutage fast jeder zweite Fußballspieler das Abi hat.

Mit dem Fußballspieler hat sich auch die Playstation verändert, und so gibt es mittlerweile für die Spielekonsole ein Programm, das "Singstar" heißt und eigentlich für Menschen gedacht ist, die heimlich zuhause für den nächsten Karaoke-Contest üben wollen, aber einen wundersamen Nebeneffekt zeitigt: Familien, die solch eine Playstation ihr eigen nennen, machen wieder Hausmusik, wenn auch nicht mit Klavier und Flöte.

Es knödelt also die Mutter den Grönemeyer, der Papa brummelt "Relax", Tochter eins verlangt mit Nirvana nach "Lithium", Tochter zwei nach einer "Sexbomb", und der Jüngste fühlt sich einfach "Stark". Ungeachtet der computergenerierten Kommentare zur Sangesleistung hängen allesamt dann ein "Thank You For The Music" hintendran. Holde Hausmusik.

© SZ vom 24.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: