Neubiberg/Trossingen:Knuddelschnubbel auf Wahlkampftour

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"Ich bin total überrascht." Screenshot: SZ (Foto: N/A)

Tobias Thalhammer lächelt im württembergischen Trossingen als Bürgermeisterkandidat von Plakaten. Er hält den Gag für gelungen

Von Martin Mühlfenzl, Neubiberg/Trossingen

Vielleicht ist das ja der erhoffte Karrieresprung - zurück in die Politik. Gut, wer einmal Landtagsabgeordneter war, übernimmt nicht jeden Job. Aber Bürgermeister, das klingt nach was. Und dann dieses schmucke Rathaus mit seiner Jugendstilfassade - eine kleine Residenz. Da verblasst die Sehnsucht nach dem Maximilianeum. Und die FDP hat hier bei der jüngsten Kommunalwahl 20 Prozent geholt. Ein wahres Dorado für einen bayerischen Liberalen.

Ob Tobias Thalhammer schon die Umzugskartons packt? Nein, so schnell geht's nicht. "Das wurde ich das letzte Mal vor der Landtagswahl 2013 gefragt", sagt der Neubiberger - und da schwingt Wehmut mit. Schließlich erlebte der Abgeordnete mit seiner Partei damals ein Debakel. Nach einem neuerlichen Umzug gefragt, hellt sich Thalhammers Stimmung aber auf. Ist er doch unfreiwillig zum Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters im baden-württembergischen Trossingen erhoben worden - einer 15 000-Einwohner-Stadt im Kreis Tuttlingen.

Dort prangen seit Kurzem Plakate mit dem Konterfei des Liberalen auf den Plakatwänden. "Tobias Thalhammer - musikalisch, volkstümlich, liberal" lautet die Botschaft. Eine eigene Homepage unterstützt seine Bewerbung im Trossinger Bürgermeisterwahlkampf - in der Stadt wird am 26. April gewählt. Dort wird der Neubiberger Kreisrat als "idealer Kandidat" angepriesen, als "Musiker mit Wirtschaftskompetenz". Kein Wunder, schließlich startete Thalhammer in den Neunzigerjahren - kurzfristig - als Schlagersänger Toby mit Songs wie "Iglu in Alaska" oder "Knuddelschnubbel" durch. Das muss sich bis in die selbst ernannte "Stadt der Musik" herumgesprochen haben. Doch wer steckt hinter der Kampagne im Württembergischen? "Keine Ahnung. Ich habe keine Verbindungen dahin", sagt Thalhammer. "Ich bin total überrascht. Aber da hat sich jemand einen gut gemachten Gag überlegt." Einen, über den er lachen kann. Auf "seiner" Homepage verspricht er etwa die Umbenennung des Trossinger Fritz-Kiehn-Stadions in Radi-Radenkovic-Stadion. "Dabei bin ich ein Roter", sagt Thalhammer.

Auch die örtliche Presse rätselt über die Kampagne für den 35-Jährigen. "Jetzt kommt doch noch Schwung in den Wahlkampf", schreibt die Trossinger Zeitung, die bisher nur über den amtierenden Rathauschef Clemens Maier (parteifrei) als einzigen Kandidaten berichten konnte.

Vielleicht aber ist ja alles ein böser Hinterhalt - eine Retourkutsche. Etwa von Birgit Homburger, der einstigen Landesvorsitzenden der FDP Baden-Württemberg. Thalhammer hatte Homburger einst als "Vollpfosten" bezeichnet, nachdem sie beim Finale dahoam 2011 Sympathien für den FC Chelsea bekundet hatte. Jetzt könnte sich Thalhammer richtig rächen; die Wahlkampfmaschine ist schon angelaufen.

© SZ vom 17.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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