Nahverkehr:MVV-Tarifreform droht zu scheitern

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Die MVG bietet Schülern und Auszubildenden eine Jahreskarte für 365 Euro an. Diese wird bereits von vielen jungen Münchnerinnen und Münchnern genutzt. (Foto: Sonja Marzoner)

Am Freitag hätten sich die Gesellschafter auf ein Modell einigen sollen - doch die Münchner SPD bremst jetzt. Und da wäre auch noch die Finanzierungslücke von 22 Millionen Euro.

Von Christian Krügel und Andreas Schubert, München

Die Tarifreform des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) wird sich vermutlich verschieben - wenn sie überhaupt kommt. Denn Insider befürchten bereits, dass die Reform komplett platzen könnte, wenn sich die Verhandlungspartner nicht einig werden. Am kommenden Freitag hätte die Gesellschafterversammlung die Reform beschließen sollen. Doch die Versammlung ist nun abgesagt. Am Montagnachmittag wurden die Teilnehmer informiert, es gebe "stadtintern" noch Abstimmungsbedarf.

Das liegt vor allem an der Münchner SPD-Fraktion, die mit einigen Punkten noch unzufrieden ist. An welchen einzelnen Verhandlungspositionen es noch genau hapert, dazu will sich die Fraktion aber nicht äußern. Nur so viel: Aus Sicht der SPD ist für die Stadtbewohner Münchens mehr herauszuholen. Streitpunkt während der Diskussion war vor allem die sogenannte München-Flatrate. Bei dieser gäbe es nur noch einen einheitlichen Tarif für Zeittickets im ganzen Innenraum. Nutzer, die derzeit mit nur zwei Ringen auskommen, müssten dann aber rund zehn Euro mehr pro Monat zahlen.

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Das Angebot soll im kompletten Netz gelten. Damit dem MVV kein Verlust entsteht, müsste das Ticket aber wohl 690 Euro pro Jahr kosten.

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Ein weiterer Punkt, über den offenbar noch keine Einigkeit herrscht, ist das Sozialticket. Während Stadt und Landkreis München dieses aus den Sozialetats bezuschussen, wollen die anderen Landkreise im Verbund es über die Fahrpreise refinanzieren. Auch das kommt für die SPD-Fraktion offenbar nicht infrage.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gibt es zudem immer noch eine Finanzierungslücke von rund 22 Millionen Euro. So viel Geld würde derzeit fehlen, würde man alle Wünsche nach Ermäßigungen in die Tarifreform einbauen. Keiner der drei Gesellschafter - also Stadt, Freistaat und Landkreise - sei bislang bereit gewesen, diese Einnahmeverluste auszugleichen, heißt es. Dabei sei die Summe eigentlich gering - bei einem Einnahmeplus von 40 Millionen Euro allein im Jahr 2017, was mit 920 Millionen Euro ohnehin einen neuen Rekord bei den Einnahmen bedeutete.

Dem Vernehmen nach sollte es zu Beginn dieser Woche noch einmal intensive Gespräche des MVV mit dem Freistaat und der Münchner Stadtspitze dazu geben, zudem mit der Deutschen Bahn. Solange diese nicht von ihren Forderungen abrücke, deutlich mehr als bisher aus dem Einnahmetopf des MVV zu bekommen, sei man im Rathaus nicht bereit, das Defizit mit auszugleichen, hatte es noch am Freitag geheißen.

Jetzt hat die SPD den Verhandlungen den Stecker gezogen. Robert Niedergesäß (CSU), Ebersberger Landrat und Sprecher der Verbundlandkreise, jedenfalls zeigte sich am Montag sehr überrascht davon, dass die Gesellschafterversammlung komplett geplatzt ist. Dafür habe er nur wenig Verständnis. Bei einem Spitzengespräch Ende Januar mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), an dem neben Niedergesäß auch Münchens OB Dieter Reiter (SPD), dessen Stellvertreter Josef Schmid (CSU) und MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag teilnahmen, sei man eigentlich auf einem guten Weg gewesen. "Wir hatten schon viel erreicht", sagt Niedergesäß und meint, man hätte offene Punkte auch in der Gesellschafterversammlung besprechen können. Ob die Gesellschafter bald zu einer Einigung kommen, könne er nicht abschätzen, sagte Niedergesäß am Montagnachmittag. "Es bleibt spannend."

Tatsächlich wird seit Jahren über die Tarifreform diskutiert, die eine deutliche Vereinfachung des Tarifgeflechts um Ringe und Zonen beinhalten soll. Im vergangenen November hätte sie endlich beschlossen werden sollen, die Entscheidung wurde aber wegen einzelner Details auf dieses Frühjahr vertagt. Bei einem Beschluss an diesem Freitag hätte die Reform Mitte 2019 in Kraft treten können.

© SZ vom 06.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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