München: Klinik-Skandal:Schimmel am Duschvorhang - Hygienemängel in Schwabing

Lesezeit: 2 min

Nach Bogenhausen und Neuperlach gerät nun ein weiteres Münchner Krankenhaus in den Strudel des Hygiene-Skandals. In Schwabing war ausgerechnet die Kinderonkologie betroffen.

S. Handel u. D. Hutter

Bogenhausen, Neuperlach - das waren bislang die "Tatorte", wenn es um Hygienemängel am Städtischen Klinikum ging. Doch nun sind Vorwürfe gegen das Krankenhaus Schwabing aufgetaucht: Bei einer Überprüfung durch das Gesundheitsreferat (RGU) wurden zahlreiche Mängel in der kinderonkologischen Station festgestellt. Das geht aus dem Prüfbericht des RGU hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Hygiene-Mängel an Münchner Kliniken: Nun sind Vorwürfe gegen das Krankenhaus Schwabing aufgetaucht. (Foto: Catherina Hess)

Zweimal, am 23. Oktober und am 17.Dezember 2009, inspizierten die Prüfer des RGU die Station, nachdem sich die Mutter eines Patienten über die hygienischen Verhältnisse dort beschwert hatte. In der Kinderonkologie werden Krebserkrankte behandelt - ihre Erkrankung geht oft einher mit einer so genannten Immunsupression, das heißt: Ihr Immunsystem ist extrem geschwächt. Deshalb ist Hygiene und Keimfreiheit außerordentlich wichtig.

Doch bauliche Mängel verhindern im Schwabinger Krankenhaus genau jenes. So existiert in den Zimmern, in denen Patienten zu ihrem eigenen Schutz isoliert werden, keine Raumkühlung. Wenn es warm wurde, ließ das Pflegepersonal deshalb einfach die Türen offenstehen und sorgte so für Durchzug - und für freien Eintritt der Erreger. Die Fenster waren undicht, Lüftungsauslässe und Heizkörper verschmutzt. An den Fenstern hingen Stoffvorhänge, die laut Prüfbericht nur zweimal im Jahr gewaschen wurden - Staubfänger und idealer Brutboden für Krankheitskeime. An einem Duschvorhang fanden sich Schimmelflecken, in einem Patientenaufenthaltsraum stand in einer Kochnische ein Blumentopf mit Basilikum, die Erde darin enthielt Schimmelsporen.

Auch die Mitarbeiter nahmen es wohl nicht so genau mit der Hygiene. So trafen die RGU-Prüfer eine Reinigungskraft, die über der Arbeitskleidung eine ihr privat gehörende Strickjacke trug, welche wohl kaum den Vorschriften über Keimfreiheit entsprechen konnte. Ein Pfleger trug eine Armbanduhr, obwohl das die gründliche Desinfektion von Händen und Armen verhindert und deshalb verboten ist.

Keine Gefahr für Patienten

Immerhin: "Die handelnden Personen waren und sind äußerst bemüht, die Vorgaben umzusetzen, die wir ihnen gemacht haben", sagt Stefan Schweitzer, Leiter der Abteilung Hygiene und Umweltmedizin im RGU. Die meisten Auflagen sind bereits erfüllt, alle anderen, vor allem die längerfristigen Baumaßnahmen, werden vom RGU laufend überwacht. Schweitzer sagt, man habe eine Abwägung treffen müssen. Die Versorgung der Patienten habe nicht ohne weiteres anderswo stattfinden können. Eine konkrete Gefahr für die Patienten haben jedoch nicht bestanden, so Schweitzer: "Sonst hätten wir die Bude dichtgemacht."

Dass der Aufsichtsrat mit diesem Fall nicht befasst wurde, begründet Gesundheitsreferent Joachim Lorenz (Grüne) mit der strategischen Ausrichtung dieses Gremiums. Das operative Geschäft erledige das Referat, für das derartige Einsätze offenbar zum Alltag gehören. In den vergangenen drei Jahren, so berichtet Lorenz, seien die Prüfungstrupps der Behörde nach Beschwerden immerhin etwa 45 Mal ausgerückt, um in Kliniken nach dem Rechten zu sehen. 18 dieser Untersuchungen betrafen städtische Kliniken. Die Ergebnisse sind beunruhigend: Denn die Beschwerden waren laut Lorenz in fast allen Fällen gerechtfertigt.

© SZ vom 16.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: