Münchner Innenstadt:Neues Hochhaus, alte Debatte

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Wie mächtig dürfen Gebäude aufragen? Der geplante Turmbau am Hauptbahnhof lässt eine bekannte Diskussion aufleben

Von Alfred Dürr, Dominik Hutter, München

Rund zehn Jahre nach dem Bürgerentscheid, der die Hochhauspläne für München buchstäblich zurechtstutzte, zeichnet sich eine Neuauflage der alten Debatte ab: Wie mächtig dürfen in der Stadt neue Gebäude aufragen, speziell am Rand des Altstadt-Ensembles? Auslöser ist die heftige Kritik von Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) an dem 75-Meter-Turm, der im Zusammenhang mit dem geplanten Neubau des Hauptbahnhofs auf dem Areal des Starnberger Flügelbahnhofs an der Arnulfstraße entstehen soll.

Sein Urteil, hier störe ein "monströses Büro- und Geschäftshaus" das Bild der Stadtsilhouette mit ihren typischen Türmen und Kuppeln, trifft selbst bei der CSU im Stadtrat auf Unverständnis. Der Planungssprecher der Fraktion, Walter Zöller, ist ein klarer Befürworter des Projekts. Im näheren Umfeld stehe bereits das Hochhaus des NH-Hotels (das frühere Hotel Deutscher Kaiser) und der Büro- und Verwaltungsbau des Bayerischen Rundfunks, der deutlich die anderen Gebäude überrage. CSU-Fraktionschef Hans Podiuk sieht das Thema "ganz, ganz locker". Schließlich stehe man gerade erst am Anfang eines Bebauungsplanverfahrens. Dessen Sinn sei es ja, die unterschiedlichen Meinungen einzuholen und abzuwägen.

Christian Amlong, der Planungssprecher der SPD, verteidigt das Hochhaus am Bahnhof. Eine sogenannte Sichtachsen-Untersuchung habe ergeben, dass "keine wesentlichen Störungen" der historisch geprägten Silhouette zu erwarten seien. Das entscheidende Kriterium für das neue Hochhaus sei eine "ansprechende Fassadengestaltung".

Grundsätzlich äußert sich SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. Das geplante Hochhaus liege außerhalb des Altstadt-Ensembles und wäre mit 75 Metern Höhe alles andere als ein richtiger Wolkenkratzer. Man müsse sich städtebaulich mal was trauen, sagt Reissl, und das bedeute unter anderem auch, "sich an geeigneten Stellen in die Höhe zu wagen". Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gefällt der Hochhaus-Plan an der Arnulfstraße. Es sei sicher keine leichte Entscheidung, man müsse die Einwände der Denkmalschützer ernst nehmen. Allerdings sei es gut, am Bahnhof "auch einmal etwas Neues zu wagen".

Herzstück der Umbaupläne, für die das Büro Auer Weber Architekten die Entwürfe geliefert hat, ist die neue Empfangshalle. Das bestehende Gebäude soll durch ein modernes, transparent wirkendes Terminal ersetzt werden, das aus sieben oberirdischen und zwei unterirdischen Geschossen besteht. Die Zugänge zur S- und U-Bahn sollen über ein zentrales Bauwerk in der Haupthalle erfolgen. Auch der Starnberger Flügelbahnhof wird im Zuge der Umbauten komplett anders gestaltet. Das Hochhaus ist als markanter städtebaulicher Akzent geplant. Vorgesehen ist in dem neuen Bahnhofskomplex an der Arnulfstraße unter anderem ein Fahrrad-Parkhaus.

Architekt Moritz Auer sagt, neben dem neuen Hauptgebäude dürfe der Starnberger Flügelbahnhof nicht architektonisch in den Hintergrund treten. "Wir wissen, dass es sich um eine sensible Stelle im Stadtbild handelt", und man reagiere mit Verantwortungsgefühl darauf. Im Ensemble mit den anderen höheren Gebäuden bekomme der Bahnhof mit dem Hochhaus eine erkennbare "Adresse". Wie die Fassadengestaltung aussehe, sei nicht entschieden. Die Erstellung einer Hochhaus-Studie, die mögliche Standorte festlege, sei zu begrüßen, weil sie eine Orientierungshilfe für Planer und Architekten wäre, sagt Auer.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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