Neue Sätze:München muss Sozialhilfe kürzen

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Sozialhilfeempfänger erhalten künftig 20 Euro weniger, weil der Freistaat die Zulage zum Regelsatz verbietet. Die Stadt München kritisiert die Entscheidung.

Sven Loerzer

Sozialhilfeempfänger in der Stadt München sowie in den Landkreisen München, Dachau und Fürstenfeldbruck sollen im nächsten Jahr weniger Geld erhalten. Die Landeshauptstadt, die vor fast drei Jahren wegen der höheren Lebenshaltungskosten den Regelsatz erhöht hat, wird diesen um 20 Euro auf 364 Euro senken müssen. Das trifft allein in der Stadt rund 17.000 alte, kranke und behinderte Menschen. Deren Zahl steigt wegen der zunehmenden Altersarmut von Jahr zu Jahr.

Die Stadt München muss ihren Regelsatz um 20 Euro auf 364 Euro senken. 17.000 alte, kranke und behinderte Menschen sind von der Kürzung betroffen. (Foto: Andreas Gebert)

Der Freistaat will die bislang in der Sozialhilfe eingeräumte regionale Erhöhungsmöglichkeit vom 1. Januar 2011 an nicht mehr zulassen. Damit müsste der Sozialhilferegelsatz in München ebenso wie in den drei Landkreisen wieder dem im nächsten Jahr geltenden bundesweit festgelegten Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger von monatlich 364 Euro für Alleinstehende entsprechen, den der Bundestag beschlossen hat und dem der Bundesrat am 17. Dezember noch zustimmen muss.

Viele alte Menschen und Schwerstbehinderte müssten deshalb mit weniger Geld als bisher auskommen. Sowohl bei der Stadt München als auch bei den Landkreisen ist die Bestürzung über die bevorstehende Absenkung und die Auswirkungen für die Betroffenen groß. Außerdem bezweifeln die Behörden, ob ein termingerechter Vollzug der Änderung überhaupt noch möglich wäre - ganz abgesehen davon, welch verheerenden Eindruck das bei den Bürgern hinterlassen würde.

München und einige Landkreise hatten 2008 den vorgeschriebenen mühevollen Verfahrensweg gewählt, die Regelsätze für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wegen der überdurchschnittlich hohen Lebenshaltungskosten im Großraum München zu erhöhen. Dazu musste erst ein Gutachten bestellt werden, das dann auch unterschiedliche Erhöhungen für die Landeshauptstadt und die Landkreise ergab.

Damit soll jetzt Schluss sein.Im Zuge der Hartz-IV-Neuregelung will das Sozialministerium von 2011 an überhaupt keine örtlichen Erhöhungen mehr bei der Sozialhilfe zulassen.

"Die Festsetzung örtlicher Regelsätze in der Sozialhilfe wird ab 1. Januar 2011 nicht mehr möglich sein", bestätigt Ministeriumssprecher Maximilian Griebl die SZ-Informationen. "Es gilt damit in ganz Bayern ab dem nächsten Jahr der vom Bund aufgrund der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ermittelte Regelsatz."

Das Ministerium sieht keinen Grund dafür, dass Hartz-IV-Empfänger bundesweit überall den gleichen Regelsatz erhalten, während es für Sozialhilfebezieher lokale Ausnahmen gibt. Die neuen Sätze, so das Ministerium, spiegelten "das Verbraucherverhalten von Familien mit entsprechendem Einkommen ohne Sozialleistungsbezug wider und sind daher angemessen".

Auf die Frage, ob sich Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) der besonderen Härten bewusst ist, die für alte und kranke Menschen durch die Kürzung entstehen, ging der Ministeriumssprecher nicht ein.

In München stößt die Position der Staatsregierung auf scharfen Protest. "Es ist ein Unterschied, ob jemand Aussicht auf Erwerbstätigkeit und Zuverdienst hat oder dauerhaft bis zum Ende vom Existenzminimum leben muss", erklärte dagegen die Münchner Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD). "Deshalb ist ein regional angepasster bedarfsgerechter Regelsatz notwendig."

© SZ vom 08.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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