Luise Kinseher:Eine Frau fürs Derblecken

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Es kommt zur Premiere auf dem Nockherberg: Eine Frau übernimmt die Rolle des Salvatorpredigers. Nächste Woche soll die Kabarettistin Luise Kinseher in das Amt berufen werden.

F. Kotteder und Ch. Mayer

Nein, es ist keine Überraschung, dass die Paulaner-Brauerei so entschieden hat. Luise Kinseher, deren Beliebtheit als Kabarettistin außer Frage steht, wird bei der Salvator-Probe im kommenden Jahr Michael Lerchenberg ersetzen, der nach heftiger Kritik an seiner Bußpredigt zurückgetreten war. Am Dienstag wird Kinseher offiziell vorgestellt, die 41-Jährige aus dem niederbayerischen Geiselhöring galt schon seit Monaten als Favoritin. Offenbar trauen ihr die Schörghuber-Leute zu, beim Derblecken der versammelten Politikerkaste den richtigen Ton zu treffen.

Auf dem Nockherberg feierte Luise Kinseher in diesem Jahr in der Rolle der Bavaria Premiere. Im kommenden Jahr soll mit ihr erstmals eine Frau das Politiker-Derblecken übernehmen. (Foto: Robert Haas)

Dass mit Kinseher erstmals eine Frau auf der Starkbier-Bühne steht, hat Folgen. Jahrzehntelang gaben bekannte Münchner Schauspieler und Kabarettisten den Bruder Barnabas: ein scharfzüngiger Mönch, ein feinsinniger, manchmal auch frecher Bußprediger. Es gab den legendären Roider Jackl, der deftig austeilen konnte, den schlitzohrigen Walter Sedlmayr, den etwas behäbigen Max Grießer, den feinsinnigen Erich Hallhuber und vor allem den subtilen, aber auch angriffslustigen Bruno Jonas. Es folgte ein Intermezzo mit Django Asül (2007), der nach Ansicht vieler Nockherberg-Kenner etwas zu derb war.

Danach legte Michael Lerchenberg die Mönchskutte an. Lange Jahre hatte er beim Singspiel als Edmund-Stoiber-Parodie brilliert, als Autor und Regisseur Erfahrungen gesammelt, doch als Barnabas hatte er im vergangenen Jahr mehr Probleme mit abgekanzelten Politikern - er stolperte über einen KZ-Vergleich und erlebte am eigenen Leib, wie es ist, am Nockherberg zerrissen zu werden.

Leicht frustrierte Bavaria im Singspiel

Nun also soll Luise Kinseher die Sache richten, sie soll der von Männern dominierten Veranstaltung eine etwas andere Note verleihen. Kinseher ist keine politische Kabarettistin im engeren Sinn, ihre Programme handeln eher von den großen Fragen des Daseins, was freilich auch mit politischen Dingen zu tun haben kann. In ihrem neuesten Programm mit dem Titel "Einfach reich" geht es ihr um das Geld an sich und was es aus einem macht.

Dass sie die Bußpredigt am Nockherberg trotzdem reizen würde, hat sie in den vergangenen Wochen durchblicken lassen. In diesem Jahr hat sie ja bereits mit großem Erfolg die leicht frustrierte Bavaria im Singspiel gegeben, die auf der Suche war nach dem bayerischen Superpolitiker. Diese Rolle lag ihr schon deshalb, weil sie dem klassischen Volkstheater und der Komödie sehr nahe kam, und Luise Kinseher hat das Schauspielen ja von der Pike auf bei der Iberl-Bühne in Solln gelernt, wo Theaterchef Georg Maier seit gut 30 Jahren durchaus intelligentes Volkstheater macht.

Kinseher arbeitet normalerweise an die zwei Jahre für ein neues Programm und schreibt sämtliche Texte selbst. So viel Zeit hat sie diesmal nicht, aber Freunde sagen, sie wisse meistens sehr gut, wo sie mit ihrer Recherche ansetzen müsse. Und dass sie ein echtes Bühnentier ist, hat sie in ihren Programmen und im Theater schon oft genug bewiesen. Ob das alles reicht, um auf schwierigstem Terrain zu bestehen? Kenner halten es nicht für abwegig, dass Kinseher bewährte Autoren zu Rate zieht, die sich mit politischer Satire und bayerischer Politik auskennen.

© SZ vom 13.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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