Mitten in München:Im Wechselbad des Winters

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Weihnachten im Klee, Ostern im Schnee. Februar mit Frost und Wind macht die Ostertage lind. Ja was denn nun?

Kolumne von Berthold Neff

Man muss kein notorischer Schwarzseher sein, um sich einzugestehen, dass die Winter auch nicht mehr das sind, was sie nur in der Erinnerung waren. Es hat sich mittlerweile eingebürgert, dass die ganze Republik vor Weihnachten darauf hofft, rechtzeitig zum Fest mit Schnee eingepudert zu werden, um danach resigniert festzustellen, dass dieser fromme Wunsch ebenso unrealistisch war wie jener, endlich mal eine richtige Regierung an der Spitze des Landes zu wissen.

Bis vor einiger Zeit konnte man sich an die Faustregel halten, dass der Winter spätestens dann Einzug hält, wenn die Fußball-Bundesliga ihre Rückrunde beginnt. Die Profis hatten sich zuvor in diversen Trainingslagern in Oman, Katar oder Mallorca genügend Sonnenbräune geholt, damit man sie auf dem Schneefeld im Stadion ausmachen konnte. Die Erfahrung hat nämlich gezeigt, dass selbst gute Rasenheizungen gegen richtigen Frost und starken Schneefall nichts auszurichten vermögen und es höchstens schaffen, ein paar grüne Löcher ins Weiß zu brennen. In diesem Jahr startete die Bundesliga am 12. Januar - allerdings bei schönstem Grün, so dass die Zeugwarte all die roten Fußbälle wieder einmotten konnten, die man des besseren Kontrasts wegen bei Schnee verwendet.

Und wie sieht der Winter abseits der Stadien aus? Nun, nachts ist es zwar empfindlich kalt, aber das reicht nicht, um das bisschen Schnee zu konservieren, der ohnehin Mangelware wurde, nachdem ein paar unentwegte Kinder daraus den einen oder anderen Schneemann geformt hatten. Es ist aber kalt genug, um den tapferen Schneeglöckchen vorübergehend das Hälschen zu brechen. Sie sind zusammen mit Krokussen und Winterlingen erstarrt. Die Sonne übernimmt es dann tagsüber, sie moralisch und körperlich aufzurichten, bevor sie dann mit einsetzendem Frost wieder erschlaffen.

Uns Menschen ergeht es nicht anders. Wir suchen letzten Halt in den Bauernregeln: Weihnachten im Klee, Ostern im Schnee. Und werden wieder verunsichert: Februar mit Frost und Wind macht die Ostertage lind. Ja was denn nun?

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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