Mitten in Schwabing:Gewöhnlich und außergewöhnlich

Lesezeit: 1 min

Das Leben wäre langweilig, wenn sich kein Tag vom anderen unterscheiden würde. Was aber, wenn plötzlich alles anders ist als sonst? Dann ist es wohl ein besonders guter Tag

Von Nicole Graner

Warum es so ist, weiß kein Mensch. Aber es gibt Tage, da ist alles anders als sonst. Normalerweise geht man zum Beispiel in der Montsalvatstraße einfach aus der Haustür und blickt höchstens auf parkende Pkw oder einen Nachbarn, der einem fröhlich zuwinkt. Doch an jenem Morgen blickt man auf eine riesigen Bagger und eine immens große braune Röhre. Kanalarbeiten. Fast erschrickt man. Diese Wucht! Diese Größe und dieser Lärm - man schläft doch noch halb! Dass der Bagger rüttelt, brummt und in der Früh grausam metallische, quietschende Geräusche macht, weil er das Erdreich aushebt, in dem die massige Röhre verschwinden muss, ist irgendwie logisch. Aber warum alle Bauarbeiter auch dann noch schreien müssen, wenn nicht mit dem Baggerführer kommuniziert werden muss und es gar keinen Grund dafür gibt? Nun, das scheint eine Gesetzmäßigkeit der Baustelle zu sein: Bauarbeiter müssen einfach schreien, sonst sind sie vielleicht keine echten.

Zurück zum Tag der Andersartigkeit. Normalerweise zeigt die Straßenbahn der Linie 23 in Richtung Münchner Freiheit deutlich, dass sie die Stärkere ist und baut Druck auf, wenn sie die Autos, die an der Ampel Leopoldstraße/Potsdamer Straße die Gleise überqueren wollen, mit Klingeln und Schimpfen zu verscheuchen versucht. Heute bleibt die Weiß-Blaue stehen. Der Trambahnfahrer winkt den Autofahrern freundlich, dass sie rüber dürfen. Was ist passiert?

Und an der Einfädelspur Dietlindenstraße auf den Isarring klappt alles reibungslos. Es wird ausnahmsweise mal richtig eingefädelt! Hurra, es geht also doch, schwupps, ist man auf dem Ring. Der Verkehr fließt. In der Cafeteria bekommt man gleich morgens seinen Tee gereicht, und freundliche Mails begrüßen einen am Computer.

Noch etwas ist anders, etwas, das eher traurig ist, wenn man jenen Herrn kennt, der am Isarring im Grünen Posaune übt. Er hält sein Instrument nicht mehr gen Ring, sondern dreht den nach ihm suchenden Menschen ostentativ den Rücken zu. Und: Er übt viel weniger an jener Wiese zwischen Eisbach und Auffahrt Ifflandstraße. Schade eigentlich. Aber alles in allem: ein guter Tag!

© SZ vom 18.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: