Mitten in München:Probeweise zum Opernball

Lesezeit: 1 min

Wer keine Karten für das Wiener Großereignis bekommt, hat immerhin die Chance, bei der Generalprobe zum Adabei zu werden - dank eines hiesigen Busunternehmers

Von Jutta Czeguhn

Und wieder wird heuer nichts draus werden: Einmal im Leben dabei sein beim Wiener Opernball, um den alle Welt die Österreicher beneidet, weil nur sie so etwas komplett Überflüssiges mit derart hemmungsloser Lust inszenieren können. Nirgendwo sonst studieren "Jungdamen" und "Jungherren" monatelang bizarre, mit dem Lineal vermessene Reihentänze ein, stecken sich Altherren wie zu Franz Josephs Zeiten groteske Orden an den Frack, lassen sich Damen ihre gesprengten Reißverschlüsse in der Notfall-Näherei "Kleid & Strumpf" reparieren, nirgendwo sonst räsonieren öffentlich-rechtlich bezahlte Kommentatoren blumig über Ginster-Arrangements an den Staatsoper-Stiegen oder verkünden Logentratsch, als ging's um die nationale Sicherheit. Nirgendwo sonst essen Menschen Salzburger Stör-Kaviar oder Weinbergschnecken von der Schneckenmanufaktur Gugumuck. Herrlich reaktionär!

Doch wie kommt der gemeine Münchner, wenn er von den Wienern nicht gerade als Startenor zum "Dein ist mein ganzes Herz"-Knödeln gebucht ist, an bezahlbare Karten für diese viel kopierte, aber nie erreichte Mutter aller Bälle? Die niederschmetternde Antwort lautet: gar nicht. Es sei denn, man nimmt's nicht so genau und sich selbst nicht so wichtig.

Dann zeichnet sich Hoffnung ab am Horizont in Gestalt eines Münchner Busunternehmens, das alljährlich eine Pauschalreise zur Generalprobe des Opernballs anbietet. Am 22. Februar, dem Tag vor dem großen Abend in Wien, kann man dann den Debütanten, dem Tenor und den Tänzern beim letzten Feinschliff zugucken und sich in klassisch Münchner Manier als Adabei fühlen.

Im Preis enthalten sind auch noch eine Stadtrundfahrt, eine Kaffeehaus-Jause, ein Besuch im Sisi-Museum und eine Walzer-Tanzstunde samt Glaserl Sekt. Denn man kann ja schließlich nie wissen. Vielleicht klappt's doch eines Tages, und man kann parkettsicher den Wienern auf die Zehen treten und stilvoll in die Wadln haken, wenn es beim Opernball wieder heißt: "Alles Walzer".

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: