Mitten in München:Ohne Krücken geht es besser

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Hin und wieder könnte man die Haltung verlieren.

Kolumne von Nicole Graner

Tapfer will man sein, ganz lässig und cool. Wenn einen eine Knie-Operation schon dazu zwingt, mit Krücken umherstaksen zu müssen, dann macht man doch alles mit Stil und einem Blick, der sagt: "Bemitleidet mich nicht, ich schaffe das!" Wer aber schon einmal längere Zeit auf Krücken angewiesen war, wird der folgenden Behauptung sicher in jeder Hinsicht zustimmen: Mit Krücken gehen ist das Allerlästigste. Die notwendigen Gehhilfen sind gakelige Hindernisse der allerschlimmsten Art. Also von wegen cool sein. Hin und wieder könnte man die Haltung verlieren!

Wenn man also über Straßenbahngleise stakst, storchengleich ein Krückenbein nach dem anderen bewegt und akribisch aufpasst, nicht in der Fahrrinne zu landen. Fast geschafft, doch dann bleibt die Krücke wunderbar genau in der Mitte der Gleiskreuzung stecken. Prima! Die Ampel schaltet auf Rot... Oder da gibt es doch die wirklich langen, automatischen Hundeleinen. Wahrlich nicht jedermanns Freund. Denn wie oft kommt zuerst der Hund, dann lange nichts und irgendwann auch das Herrchen oder Frauchen. In diesem Fall kommt auch der Hund, freut sich, die Dame mit Krücken zu sehen, wedelt eifrig mit dem Schwanz und wickelt sich bei allen Freudebekundungen wunderbar mit der Leine um Beine und Krücken. Frauchen kommt: "Ja, was haben Sie denn da mit meinem Hund gemacht?" Ähmm... wie bitte?

Tja, und dann gibt es Situationen, die man sich in seinen kühnsten Gedanken nicht ausmalt. Wenn man sich zum Beispiel dermaßen "bekrückt" auch noch einen Norovirus einfängt. Ohne auf die Details eingehen zu wollen - der notwendig schnelle Toilettengang wird zu einer akrobatischen Meisterleistung. Der Raum ist beengt, das Knie darf nicht gebeugt werden, die Zweitbeine stören nur - und so kann es passieren, dass man sich mit der Armhalterung auch noch die Klobrille unter das Kinn haut. Ehrlich, mit Krücken gehen, ist ein Graus. Auch wenn man nach einiger Zeit ein Meister seines Fachs wird - und auch viele schöne Begegnungen hat.

© SZ vom 31.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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