Mitten in München:59 Kilokalorien bis zur Arena

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Neubürger bekommen von der Stadtverwaltung eine dicke Ringbuchmappe mit dem Titel "München - Gscheid mobil, unsere Stadt bewegt Menschen". Darin finden sich allerlei interessante Rechenbeispiele

Von Jutta Czeguhn

Zugegeben, der Zeitpunkt war unglücklich gewählt vom Absender. Da lag er also im Briefkasten des Münchner Neubürgers, dieser schwere Umschlag. Inhalt: eine Ringbuchmappe mit dem Titel "München - Gscheid mobil, unsere Stadt bewegt Menschen". Herausgegeben von der Münchner Verkehrsgesellschaft, kurz MVG, und dem Kreisverwaltungsreferat, kurz KVR. Der Neubürger, der gerade zum ersten Mal die Beschwernisse eines S-Bahn-Streiks miterleben durfte, hat sich gleich in die unverlangt eingegangene Willkommenslektüre vertieft und herzlich lachen müssen über den Satz "Mit Leichtigkeit ans Ziel". Ansonsten aber konnte er anerkennend feststellen: Der Ordner wurde von Menschen mit Behinderung konfektioniert und verpackt, das Papier stammt aus "vorbildlich bewirtschafteten Wäldern". Bei 70 Seiten im Ringbuch-Einlage hat das den Leser einigermaßen beruhigt.

Was erfahren Neubürger also, was auch die Altbürger längst hätten wissen sollen? Allerhand! Etwa, dass "die Busse und Bahnen der MVG rechnerisch dreimal am Tag und über 1000 mal pro Jahr die Erde umrunden." Oder, dass "Tunnelabschnitte der heutigen Linie U 3/6 nach dem Zweiten Weltkrieg wegen ihres guten Klimas zur Schwammerlzucht genutzt wurden". Erklärt wird auch die Bedienung der neuen Generation von Ticket-Automaten, die "noch einfacher" funktionieren sollen als die Vorgänger-Modelle, an denen selbst geübte Münchner oft scheiterten und deshalb umso schadenfroher Touristen dabei beobachteten, wie diese garantiert scheiterten.

Der Neubürger ist ein begeisterter Fahrradfahrer, weshalb er auf Infos über München, "die Radlhauptstadt", besonders gespannt war. Er weiß nun also, dass die meisten Radfahrer aus der Maxvorstadt stammen, rund 80 Prozent der Münchner ein Rad besitzen und etwa ein Drittel der Haushalte in der Landeshauptstadt auf das Auto verzichtet. Beeindruckt hat ihn, dass "der Weltrekord im rückwärts Fahrrad fahren und dabei Geige spielen bei 60,45 Kilometer in fünf Stunden und neun Minuten liegt." Und dass "bis 2015 etwa 50 Prozent der etwa 700 Münchner Einbahnstraßen für Radfahrer in Gegenrichtung befahrbar sein werden". Alles Nähere kann er dann dem Radlstadtplan entnehmen, den man ihm auf Wunsch ebenfalls kostenlos zuschicken wird. Zudem gibt es "Willkommensradltouren für Zuagroaste". Wirklich ins Grübeln aber kam der Neubürger dann bei dieser Ringbuch-Rechnung: Wer mit dem Fahrrad die immerhin 11,3 Kilometer zwischen Marienplatz und Allianz-Arena zurücklegt, verbraucht ganze 178 Kilokalorien. Mit der U-Bahn und dann zu Fuß kommt man auf 80 Kilokalorien. Wer sich für die gleiche Strecke ins Auto (natürlich Car-Sharing) setzt, verbrennt immerhin etwa 59 Kilokalorien. So was muss man wissen!

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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