Mitten in München:Der kleine, große Unterschied

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Mit der Geschlechtergerechtigkeit ist es an der Isar nicht weit her - das zeigt die Realität des Jahres 2017

Von Berthold Neff

Wer stets politisch korrekt sein will, kommt am Begriff "Gender Mainstreaming" kaum vorbei. Er hat sich seit der UN-Weltfrauenkonferenz von 1995 international durchgesetzt und lässt sich am besten mit "Leitbild der Geschlechtergerechtigkeit" übersetzen. Er basiert, wie es in einer Darstellung des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend heißt, "auf der Erkenntnis, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt, und Männer und Frauen in sehr unterschiedlicher Weise von politischen und administrativen Entscheidungen betroffen sein können". Deshalb sind alle Akteure des politischen und sonstigen Handelns angehalten, stets abzuwägen, welche Folgen ihr Tun auf Frauen und Männer haben könnte.

Das ist auf globaler Ebene gültig, sollte aber auch in unserer kleinen, noch halbwegs überschaubaren Münchner Welt stets im Fokus sein. Nun aber wurde dieser Tage just in unserer, zwei Jahrzehnte lang von Rot-Grün tief geprägten Stadt eine eklatante Missachtung dieses Gleichstellungsziels ruchbar. Der Anlass mutet auf den ersten Blick gering an, aber die Folgen sind in ihrer Tragweite nur ansatzweise abzusehen. Bei der großen "Münchner Modelleisenbahn- und Modellautobörse" am Sonntag in der Blumengroßmarkthalle müssen Männer 3,50 Euro Eintritt zahlen, Frauen hingegen dürfen - aus welchen Gründen auch immer - kostenlos rein.

Ähnliches kennt man in München allenfalls aus dem Swingerclub "Karibik", der sich als "Lusthöhle in München-Pasing" anpreist. "Solofrauen haben freien Eintritt", heißt es dort einladend. Haben sie allerdings einen Mann im Schlepptau, ist es mit dem freien Eintritt vorbei, im Duo zahlen sie mindestens zehn bis 15 Euro. Die Herren der Schöpfung erwischt es deutlich schlimmer, Soloherren sind erst mit 50 oder gar 100 Euro dabei - je nach Uhrzeit.

Die Unterschiede zwischen dem Treiben in der Blumengroßmarkthalle und jenem in der Karibik-Lusthöhle mögen gewaltig sein, aber ein paar Gemeinsamkeiten tun sich schon auf zwischen den Liebhabern der kleinen Dinge einerseits und jener der großen Dinger andererseits. Es sind die Männer, die hier wie dort benachteiligt werden. Das geschieht auch in anderen Clubs und Diskos. Ab und zu dürfen Frauen sogar kostenlos zugucken, wie Männer übers Eis gleiten und sich verdreschen. Allerdings bot der EHC München den Ladys zuletzt nur kostenlose Stehplätze an, was genau genommen nicht gerade höflich ist, aber die Gleichberechtigung vorwärts bringt. Dort stehen ja selbst die Männer mit Sitzplatz, wenn ein Tor fällt.

Es stellt sich nun rein gendermäßig die Frage, zu welchen Lustbarkeiten man Männern freien Eintritt gewähren sollte, um sie anzulocken. Unser erster Gedanke galt der Barbie-Börse. Notfalls tut es aber auch das nächste Champions- League-Spiel des FC Bayern.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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