Mitten in München:Alles mit allem

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Es gibt komplizierte Menschen, die sich mit Entscheidungen schwer tun. Das kann weit reichende Folgen haben, vor allem für die anderen

Von Nicole Graner

Man muss nicht drum herum reden: Es gibt komplizierte Menschen. Die sich nicht entscheiden können, was sie anziehen zum Beispiel. Oder nur dann schlafen können, wenn sie genau eine Stunde vor dem Zubettgehen ein Glas Milch mit Honig trinken. Oder zum Beispiel zaudern, wenn es ums Essen geht.

"Also ... ich nehme das Hühnchen mit Spinat-Schupfnudeln und Salat." Anmerkung eins: "Das Hühnchen, aber bitte ganz weich." Geht hart auch? Anmerkung zwei: "Und könnte man anstelle von Spinat vielleicht auch Möhrengemüse haben". Also nichts Grünes? Anmerkung drei: "Und was ist denn im Salat drin?" Der Ober, ganz ruhig: "Spinat, Tomaten, ein bisschen Zwiebel, Champignons". Die Antwort: "Gut, den nehme ich. Den Spinat bitte drin lassen, aber keine Zwiebel". War Spinat nicht gerade noch ungeliebt? Die Bestellung ist noch lange nicht vorbei. Und was der Ober denkt - das kann man erahnen.

Doch dann an einem Döner-Stand. Ein Mann steht da. Schaut auf die Salate, die Saucen, das Fleisch, auf Börek und Dürüm. Und lacht. Und sagt: "Alles mit allem!". Ein spontaner Mensch, ein schneller Entscheider also. So kann es auch gehen. Doch dann neigt er den Kopf: "Einen Moment, bitte!" Der Mann hinter dem Tresen lacht. Noch. "Alles mit allem, aber ohne Chili!" Und weiter geht's: "Ohne Zwiebeln, aber dafür mehr Tomaten und bitte nicht zu viel Sauce." "Gerne, gerne", sagt der Mann mit grüner Schürze und schaufelt nach Wunsch die Zutaten in den Döner. "Ui", sagt der Mann, "das ist jetzt aber viel. Gibt es auch eine kleine Portion?" Am Ende nimmt der Mann einen Dürüm. Und die Schlange hinter ihm ist groß. Alles mit allem - eine Prozedur von zehn Minuten.

© SZ vom 31.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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