Mitten in Forstenried:Die Beulen der Geschichte

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In alten Gebäuden sollte man besser den Kopf einziehen, wenn man ohne Blessuren davonkommen will. Eine Lektion in Baukultur für Neuntklässler

Von Jürgen Wolfram

Das Beste kommt meistens zum Schluss. Das kann man in der Schule fürs Leben lernen. Denn kurz vor den Sommerferien stehen Ausflüge und Projekttage auf dem Stundenplan, von denen Jugendliche während des Schuljahrs nur träumen können. 19 Schüler aus den neunten Klassen des Gymnasiums Fürstenried haben sich jetzt auf den Weg gemacht, ein komplexes Thema zu erkunden: den Denkmalschutz, dessen Bedeutung für die Zukunft sowie seine Finanzierbarkeit.

Ziemlich anspruchsvoll für 15-Jährige, auch wenn ihnen der Begriff "Auflagen" nicht völlig fremd sein dürfte. Doch die Kunstlehrerin Christine Stieberger hatte eine räumlich naheliegende Idee, wie man das Sujet greifbar macht. Nach einer theoretischen Einführung, die noch auf eher müde Reaktionen gestoßen sein soll, führte sie die Gymnasiasten zum Derzbachhof ins Ortszentrum von Forstenried. Dort wartete der Projektleiter der anstehenden Sanierung des ältesten landwirtschaftlichen Anwesens in München. Im Handumdrehen entbrannte bei den Besuchern ein ungeahntes Interesse. Etwa so, wie der Appetit manchmal erst beim Essen kommt.

Seit der Exkursion reicht der Erkenntnisgewinn der Neuntklässler weit über die Feststellung hinaus, dass man in Gebäuden aus dem 18. Jahrhundert besser den Kopf einzieht, wenn man ohne Blessuren hinaus kommen will. Vergleiche mit heutigen Wohnformen erscheinen plötzlich aufschlussreich: Altes erhaltenswert, Architekturentwicklung plausibel. Weil der Derzbachhof so schön eingegrünt ist, fiel nebenbei ein Quäntchen Naturerlebnis für die Gymnasiasten ab.

Eine Lektion in Baukultur lässt sich selbst die Smartphone-Generation gern gefallen. Zumal wenn es genügt, sich das harte Los eines Landmanns vor 250 Jahren vorzustellen. Unterm Strich also für alle Beteiligten ein Volltreffer von einer Projektwoche - mit guten Aussichten, dass die Schüler bei der Stange bleiben, was die Erforschung einstiger und künftiger Lebensweisen angeht. Eine Foto-Dokumentation wird sie noch eine Weile an ihren Ausflug erinnern. Die eine oder andere Beule vermutlich ebenso.

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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