Meine Woche:"Ein Spaziergang ist es keiner"

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Barbara Bühringer begleitet die Reisenden "von A bis Z". Sie kennt fast jeden Fleck in Rom. (Foto: privat)

Barbara Bühringer ist mit einer Gruppe von 510 Personen in Rom. Und sie wird einen Kampf führen: Mit ihrem Handy und gegen die Zeit

Von Daniel Sippel

Wenn Barbara Bühringer ihre Arbeit beschreibt, klingt es, als kämpfe sie in einem Krisengebiet. Sie sagt Sätze wie: "Ich bin immer da, wo Brennpunkte sind." Oder: "Es ist fast unmenschlich, das zu machen." Dabei kämpft sie gar nicht - wenigstens nicht mit einem Gewehr. Sie kämpft mit ihrem Handy. Gegen die Zeit.

Bühringer, 53, arbeitet als Reiseleiterin für Großgruppen. In dieser Woche geht es wieder los. Zum 175. Jubiläum ihrer Schule reisen 510 Schülerinnen und Lehrer der Münchner Maria-Ward-Realschule nach Rom. 510 Menschen mit riesigen Erwartungen: Sie wollen die römischen Katakomben bestaunen (Montag), das Kolosseum fotografieren (Dienstag), den Papst in einer Audienz erleben (Mittwoch). Eineinhalb Jahre lang haben sich die Schülerinnen auf diese Woche vorbereitet, haben Reiseführer geschrieben, römische Zahlen gelernt, Spenden gesammelt. Jetzt liegt es an Barbara Bühringer (), erwartungsvolle Kinder - und Erwachsene - nicht zu enttäuschen.

An Erfahrung mangelt es ihr nicht. Seit acht Jahren führt sie riesige Gruppen durch Rom - 706 Touristen in einer Gruppe, das ist ihr Rekord. Sie begleitet die Reisen "von A bis Z", wie sie sagt. Sie kennt fast jeden Fleck in Rom, weiß, wo die öffentlichen Internet-Zugänge und Toiletten sind. Denn: "Zur Toilette zu gehen - das ist gar nicht so einfach mit 400 bis 500 Mädels." Außerdem verhandelt sie in fließendem Italienisch mit den Sicherheitskräften, Hunderte Schüler schnell in den Vatikan zu lassen. Oder fährt der Gruppe voraus, um 510 Karten im Kolosseum zu kaufen.

Die Zeit ist ihr größter Gegenspieler in Rom. Sobald die acht Doppeldecker-Busse der Gruppe zehn Minuten im Stau stehen oder Polizisten die Rucksäcke der Mädchen zu lange durchsuchen, muss Bühringer den Tag neu organisieren: Das Abendessen verschieben, die Busfahrer informieren, Reservierungen stornieren. Ständig telefoniert sie: "Wir müssen immer einen Plan B haben. Rom ist unberechenbar. Aber wenn es einfach wäre, könnte es ja jeder machen." Vor Ort sind ihr fünfköpfiges Team und sie ständig im Einsatz. Wenn sie doch mal ein wenig Zeit hat - das kann vorkommen, gibt sie zu - dann geht sie auch mal ein Eis essen.

Während der Woche wird sich Barbara Bühringer jeden Tag um 5.15 Uhr aus dem Bett quälen. 17 Stunden später wird sie wieder ins Bett fallen: "Entspannung gibt's eigentlich nicht, außer beim Schlafen." Sie seufzt: "Ein Spaziergang ist es keiner." Aber das sei nicht schlimm. "Hauptsache, die Kinder kommen auf ihre Kosten."

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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