Erst nach fünf Minuten sprechen sie zum ersten Mal miteinander. Tom Cruise ist schon tief im Autogrammjägerpulk verschwunden, als Cameron Diaz aus ihrer Limousine steigt und erst einmal achtlos über den roten Teppich an ihm vorbeigeht.
Dann, nach etwa einer Minute, eintausend Fotos und ebenso vielen "Tom"-Rufen sehen sie sich auf dem etwa drei Meter breiten Teppich, der von der Sonnenstraße in einem Kreis zum Gloria Filmpalast führt. Sie stellen sich zusammen und grinsen gemeinsam, minutenlang, wortlos, Meter um Meter gehen sie an den Fotografen vorbei, bis sich Diaz zu Cruise dreht und ihm etwas ins Ohr flüstert.
Sie müssen sich aufteilen, sonst schaffen sie ihr Pensum nicht bis zum Filmstart. Diaz geht zu den Journalisten, Cruise zur anderen Seite, zu den Fans.
Der Stachus ist am Mittwochabend bei der Filmpremiere von "Knight and Day" eine riesige kreisrunde Insel, komplett bedeckt mit einem roten Teppich - eine Insel der Wichtigen. Ganz innen liegt unter einem Zeltdach ein runder 300 Quadratmeter großer Barbereich, in dem die 700 geladenen VIP-Gäste die Ankunft der Schauspieler verfolgen.
90 Meter in 90 Minuten
Außen um die Bar herum stehen in einem ersten Kreis und mit Gittern abgetrennt einhundert Journalisten mit ihren Kameras, Mikrofonen und Blöcken. Sie wiederum sind mit Geländern vom eigentlichen roten Teppich getrennt, der in einem weiteren Kreis um das Zelt herum und in den Filmpalast führt. Auf diesem machen sich Cruise und Diaz um 18.23 Uhr auf einen ziemlich stockenden Weg bis zum Eingang des Kinosaals.
90 Meter in 90 Minuten, auf der Strecke glückliche und weinende Fans, Journalisten, die nach einem Kurzinterview noch heimlich mit ihrem Handy ein Bild machen und inmitten ein Tom Cruise im hellblauen Hemd, das selbstverständlich am Ende nicht die leiseste Ahnung eines Schweißfleckens aufweist. Cruise grinst eineinhalb Stunden, wie im Film, als er Diaz unter anderem auf eine einsame Mini-Insel rettet.
Der runde Platz vor dem Karlstor hat etwa die Maße dieser kleinen Karibikinsel. Außen wartet ein Meer aus etwa 3000 Fans, und in diesem Meer drohen Diaz und Cruise manchmal zu verschwinden. Die Reaktionen sind unterschiedlich. "Schade, dass er so klein ist", sagt eine Frau. "Sie sieht viel besser aus als er", sagt eine andere. "Hier gibt es das beste Bier der Welt", sagt Cruise und grinst. "Ich habe leider noch einen Jetlag", sagt Diaz.
Im Vergleich zum Film ist hier allerdings trotz kreischender Fotografen und schreiender Fans eher gähnende Langeweile. Der 48-jährige Cruise ist vor der Kamera mal wieder ein Action-Held, Roy Miller muss eine bahnbrechende Erfindung vor den Bösen retten. Bei seinem Einsatz kommt Miller die naive June Havens alias Cameron Diaz, 37, in die Quere. Man verliebt sich und fortan muss Miller auch Havens bei seinen Ballereien und Verfolgungsjagden beschützen.
Am Mittwochabend in München droht Gefahr nur von oben, um 19.30 Uhr ziehen dunkle Wolken auf. Doch Cruise kümmert sich diesmal nicht um Diaz, die verschwindet vor ihm im Kino, während draußen noch ein paar Fans "Tom" rufen. Cruise lässt sich Zeit, er hebt gemütlich Autogrammkarten auf oder nimmt in den Arm.
Kein dunkler Hemdfleck, der Mann ist so cool. Ein wummernder Donner kracht aus den Wolken. Es blitzt nun auch von oben. Doch der Action-Held ignoriert die Gefahr, es regnet, aber er schreibt und schreibt.
