Lesung von Hauptschülern:Das Geheimnis meiner Mutter

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Sie sind in ihre Familiengeschichte eingetaucht, haben Gangster gejagt oder sich vorgestellt, Kanzlerin zu sein: Im Literaturhaus präsentieren Münchner Hauptschüler ihre selbstgeschriebenen Texte. Wir zeigen eine Auswahl.

In den vergangenen Monaten haben 70 Münchner Hauptschüler nicht nur Matheaufgaben gelöst und Englisch-Vokabeln gepaukt, sondern auch literarische Texte geschrieben. Zum zweiten Mal hat das Literaturhaus München an acht Hauptschulen Schreibwerkstätten organisiert. Gemeinsam mit Betreuungslehrern an den jeweiligen Schulen haben Literaten, Dramaturgen und Lektoren aus München mit den Schülern die Texte erarbeitet. Herausgekommen sind unzählige Werke zu verschiedenen Themenschwerpunkten, die am Dienstag ( 18:30 Uhr, Eintritt frei) im Literaturhaus präsentiert werden.

Die Schülerinnen und Schüler von der Hauptschule an der Franz-Nißl-Straße mit ihrem Projekt "Hier bin ich!" (Foto: Heidi Vogel/oh)

Es sind Geschichten entstanden von Papa und Mama, die sich auf einer Beerdigung im Balkankrieg kennenlernten. Geschichten von den Sommerferien im türkischen Dorf Göktepe, wo die Menschen fröhlicher sind als anderswo. Geschichten über ein Abendessen daheim, als das Mädchen Julia zum ersten Mal gegen eine chinesische Regel verstieß, weil sie die Stäbchen kurz in den Reis steckte.

Die Schüler haben auch Märchen geschrieben, wie das von dem Jungen, der nach einem Umzug keine Freunde zum Spielen mehr hat. Sie haben sich Krimis ausgedacht, in denen ein gewissser "Miroslav Klose" ermordet wird. Oder sie haben sich in die Rollen von anderen versetzt, Angela Merkel zum Beispiel, ihr werden folgende Worte in den Mund gelegt: "Ich werde fuchsteufelswild, wenn jemand schläft."

sueddeutsche.de dokumentiert eine Auswahl der Geschichten:

Heimat und Helden

In der Schreibwerkstatt "Heimat und Helden" haben sich Schüler auf die Suche nach dem Geheimnis von Menschen gemacht. Aus den Geschichten ist am Ende ein Film entstanden, der im Literaturhaus gezeigt wird.

Ricardo Andrade Quaresma Bernado (von Sellaitin Oglu, Hauptschule Cincinatistraße):

Ricardo Quaresma ist am 26. September 1983 in Lissabon geboren. Er spielt für die portugiesische Nationalmannschaft. Ricardo Quaresma hat eine Behinderung an beiden Beinen. Trotzdem spielte Quaresma hervorragend Fußball. Seine Mutter wollte nicht, dass ihr Sohn Ricardo Fußball spielt. Aber schon mit zwölf Jahren wurde Ricardo Quaresma ein Amateurfußballer. Mit siebzehn Jahren hat er es geschafft. Er wurde ein Profifußballer. Seine erste Mannschaft war Sporting Lissabon. Zwei Jahre später wurde Ricardo Quaresma nach Barcelona transferiert. Ricardo Quaresma hat in sechsundfünfzig Spielen dreiundzwanzig Tore geschossen! Er wurde aber auch sehr wenig verletzt. Ricardo Quaresma spielte auch schon zwei Jahre für Barcelona. Der FC Barcelona setzte Ricardo Quaresma auf seine Transferliste. Zwei Monate später bekam Ricardo ein Angebot von Besiktas. Er nahm das Angebot an und spielt jetzt für Besiktas. Ricardo Quaresma kam in der Türkei an. 25.000 Fans sind gekommen, um ihn zu sehen! Ein behinderter Sportler hat es geschafft. Das macht mir Mut.

Mein Prophet (von Pakisa Mahmud, Hauptschule am Inzeller Weg):

Da ich selbst gläubige Muslima bin, ist mir meine Religion sehr wichtig und selbstverständlich auch alle anderen dazugehörigen Sachen wie das Beten, Fasten, den Koran lesen, und auch der Prophet Muhammed (SAW). Zum Gesandten Allahs könnte ich ein Buch schreiben. Es gibt so vieles, so viel Tolles über ihn, dass ich nie aufhören möchte zu recherchieren. Er hat so viel Gutes gemacht, zum Beispiel: den Armen geholfen, nie betrogen, nie gelogen, und noch so viel mehr. Und vor allem: dass aus einer Person eine der Weltreligionen entstanden ist! Ich persönlich finde es einfach beeindruckend, was er geleistet hat .Vor allem musste er sehr leiden. Er wurde sehr oft gedemütigt und hat jedoch nie aufgegeben. Deshalb ist der Prophet Muhammed mein Idol, Vorbild und mein Held: weil er aus nichts etwas so Großes gemacht hat.

Meine Erfahrungen mit chinesischen Regeln (von Julia Rupprecht,Hauptschule am Inzeller Weg):

Als ich drei Jahre alt war, habe ich zum ersten Mal gegen eine chinesische Regel verstoßen ohne es zu wissen. Und zwar habe ich beim Abendessen die Stäbchen kurz in den Reis gesteckt, um mir schnell den Mund abzuwischen, und dann hat meine Mama das Schimpfen angefangen. Am Anfang habe ich gar nicht verstanden, um was es geht. Erst als ich ihr dann zugehört habe, habe ich gemerkt, dass es eine wichtige Regel bei den Chinesen ist, die Stäbchen NIE in den Reis zu stecken, weil es so aussieht als würde man beten oder auch, dass man keinen Respekt vor den Toten zeigt. Und dass andere Leute, die dies sehen und die nicht zur Familie gehören, dann denken, dass die Mutter oder der Vater die Tochter oder den Sohn nicht richtig erzogen haben. Und damit die andere Leute also nicht denken, dass meine Mutter mich nicht richtig erzogen hat, hat sie es so gemacht: Wenn ich was falsch mache, schimpft sie. Und erst dann sagt sie mir genau, was ich falsch gemacht hab, damit ich mir die Regel einpräge und sie nicht vergessen werde. Trotzdem mag ich es nicht, dass ich erst geschimpft werde und dann erst erklärt bekomme, wofür eigentlich und was ich falsch gemacht habe. Weil, wenn ich nur etwas falsch mache, war es ja noch kein Fehler. Nur wenn ich weiß, dass ich was falsch gemacht habe und es dann trotzdem noch mal falsch mache, dann war es ein Fehler. Und was noch komisch ist: Ich habe bis jetzt noch nicht alle Regeln kennenlernen können, weil es einfach zu viele sind.

Göktepe (von Havin Dogan, Hauptschule am Inzeller Weg):

Göktepe ist ein Dorf in Tunceli (Türkei). Da lebt die Familie von meiner Mutter. Und dieses Dorf liebe ich. Denn dort ist alles ganz anders. Die Menschen dort sind fröhlich und immer am Lachen. Ich mag es dort sehr, da ich mich dort sehr wohl fühle, es ist nicht so wie im Dorf von meinem Vater. In Göktepe, fühle ich mich wirklich zuhause, und würde da auch leben können. Der Grund dafür ist, dass die Menschen dort anders sind. In Göktepe stehen alle ganz früh auf und gehen arbeiten. Die Männer in ihre richtigen Jobs aufm Feld, und die Frauen beschäftigen sich mit den Tieren. Am Abend treffen sich alle und spielen "Saz" und tanzen dazu "Halay".

In den Sommerferien, von denen ich zwei Wochen dort verbringe, läuft das fast genauso ab. Also in der Früh schnell was essen und dann an die Arbeit. Wir helfen meist auch mit, damit alles schneller fertig wird und wir dann alle zusammen etwas unternehmen können. Oder die jüngeren, also meine Cousinen/Cousas und ich gehen in die Stadt oder irgendwo anders hin, aber nur, wenn mein Opa das erlaubt. Wenn nicht, dann warten wir auf die anderen. Am Abend machen wir dann meist ein wunderschönes Lagerfeuer, wo sich dann alle außen rum hinsetzen und wo wir dann singen und tanzen. Früher schlafen gibt's dort für die Jüngeren nicht. Für uns fängt am Abend der Spaß richtig an. Wir liegen unter den vielen Sternen und schlafen dann irgendwann mal ein. Das Tolle dort ist auch: niemand kümmert sich um sein Aussehen. Man schminkt sich nicht, man zieht sich nicht schick an, man geht einfach so wie es einem passt. Dort haben auch alle fast die gleiche "Hose" an. Die Hosen heißen "Salwar", das ziehen die Frauen an. Das sind sehr bequeme Hosen, die auch perfekt für die Hitze geeignet sind!

Lesen Sie weitere Geschichten auf den folgenden Seiten.

Hallo Familie! (Schüler der Tagesheimschule Hochstraße):

Die Schüler der Hauptschule an der Hochstraße haben an der Schreibwerkstatt "Hallo Familie!" teilgenommen. (Foto: Hauptschule an der Hochstraße/oh)

Wie haben meine Eltern sich kennengelernt? Was hat meine Mutter gedacht, als sie nach Deutschland kam? In Interviews mit Eltern und Großeltern haben sich die Schüler auf Spurensuche in der eigenen Familie begeben.

Aysu Güven:

An meinem 12. Geburtstag musst ich mich um meine kleinen Geschwister kümmern. Da war es nicht so, dass ich mich mit meinen Freunden treffen durfte und schön feiern gehen konnte. Meine Mutter arbeitete und mein Papa musste auch immer arbeiten! In meinem Tagebuch habe ich dann immer geschrieben, weil das das einzige war, was ich hatte. In der Schule war ich nicht die beliebteste, aber auch keine Außenseiterin. Ich hatte nicht so viele Freunde. Am besten verstand ich mich mit Hülya. Hülya hatte einen Bruder, der hieß Mehmet, er holte Hülya immer ab. Als ich in der 9. Klasse war, kam Hülya zu mir und sagte, dass Mehmet mich attraktiv findet. Dann tauschten wir unsere Nummern aus! Wir waren eine Zeit lang echt gut befreundet. Als er aber später vom Militär kam, wollte er mich heiraten! Ich redete mit meinen Eltern darüber, doch die waren gar nicht einverstanden... Dann rannte ich von Zuhause weg. Toll war es nicht, weil ich alle vermisste! 3 Monate vergingen. Mein Mann und ich hatten in der Zeit dann eine Wohnung. Und das Dumme war: Ich habe mich immer um den Haushalt oder um meine Schwester gekümmert, da hatte ich nie Zeit zu lernen. Aus der Schule bin ich dann nur mit einem Hauptschulabschluss gegangen. Also musste ich putzen gehen. Fünf Monate vergingen, dann sagte mein Mann: Komm, gehen wir mal zu deinen Eltern. Ich sagte aber immer: Nein! Schlussendlich einigten wir uns und gingen dann zu meinen Eltern. Als ich vor ihnen stand, sagte ich gleich: Entweder ihr nehmt meinen Mann und mich, oder wir gehen alle beide! Nach einigen Wochen verstanden wir uns besser. Als ich 23 Jahre alt war, war ich schwanger. Mein Mann wollte einen außergewöhnlichen Namen und nannte sie Aysu. Jetzt ist sie zwölf und geht in die 7. Klasse! Ich hab noch eine Tochter, sie heißt Asli. Nur: Asli ist eher die faule und Aysu die ordentliche. Ich hab ja noch nix von meinem Mann erzählt! Er arbeitet im Auto, sozusagen, er fährt mit dem Auto überallhin wo er gebraucht wird. Er ist 42 Jahre alt. Und ich arbeite jetzt als Köchin im Kindergarten. Ich bin sehr stolz auf mich! Dass ich das alles überstanden habe, glaube ich gar nicht, wenn ich es meinen Kindern erzähle. Doch ich weiß, ich bin einer der glücklichsten Menschen der Welt, dass ich so einen Mann und tolle Kinder bekommen habe. Und auf meinen nächsten Geburtstag freu ich mich auch schon!

Neda Capin:

Als ich 13 Jahre alt war, habe ich in Kroatien gelebt. Meine Kindheit war sehr anstrengend. Gleich nach der Schule musste ich auf dem Feld arbeiten. Als ich alt genug war, habe ich ein Café aufgemacht. Aber dann kam der Krieg. Ich bin in den Krieg gegangen, obwohl ich nicht musste. Ich wollte für mein Land da sein. Als der erste Kroate im Krieg starb, bin ich auf sein Begräbnis gegangen, und dort habe ich meine Frau kennengelernt. Im Krieg habe ich einem Mann das Leben gerettet. Als er vorbei war, habe ich das Café meinem Bruder geschenkt und bin nach Deutschland gefahren. Meine Frau und ich haben geheiratet. Fünf Jahre später hat Mama dich und Ivana zur Welt gebracht. Wieder drei Jahre später hat Mama Ana bekommen und ich war der glücklichste Mensch der Welt! Als du und Ivana zehn Jahre alt waren, ist meine Frau gestorben. An diesem Tag hat sich alles verändert. Ich musste euch Kindern klarmachen, dass eure Mama gestorben war. Von ihren sieben Geschwistern kam nur ihr Bruder zum Begräbnis, und meine Schwester.

Hier bin ich (Schüler der Hauptschule an der Franz-Nißl-Straße):

"Ich träume davon, reich zu sein" Die Schüler der Hauptschule an der Franz-Nißl-Straße. (Foto: Heidi Vogel/oh)

Wer bin ich und was ist besonders an mir? In der Schreibwerkstatt "Hier bin ich" stellen sich die Schüler selbst dar und sind in die Rollen von anderen geschlüpft.

Maximilian Grosse

Ich heiße Max. Ich bin vierzehn Jahre alt. Ich kann gut Stimmen nachmachen. Ich habe einen Hund und eine Katze. Ich werde fuchsteufelswild, wenn ich wachse. Ich mag Basketball. Ich träume davon, reich zu sein. Ich heiße Max.

Hoang Pham

Ich heiße Hoang. Ich bin kreativ. Ich kann laut rülpsen. Ich werde fuchsteufelswild, wenn ich keine KEKSE habe. Ich mag meine großen Füße. Ich träume davon, mal ein orangener Stift zu sein. Ich heiße Hoang.

Hier bin ich, zweite Runde

Hoang Pham

Ich heiße Angela Merkel. Ich bin nicht groß, aber mächtig. Ich kann jedes Mal traurig gucken. Ich habe 200 Paar Schuhe, die ich nie anziehe. Ich werde fuchsteufelswild, wenn jemand schläft. Ich mag es, wenn ich meine eigenen Stalker habe. Ich träume davon, mich auf Facebook anzumelden. Ich heiße Angela Merkel.

Dominik Schenkendorf

Ich heiße Faber Castell. Ich bin ein Bleistift. Ich kann schreiben und zeichnen. Ich habe eine Spitze. Ich werde fuchsteufelswild, wenn man mich nicht anspitzt. Ich mag Mangas. Ich träume davon, der Besitz eines guten Zeichners zu sein. Ich heiße Faber Castell.

Porträts, schön und schräg:

Maximilian Grosse:

Ich war neulich in der Stadt. Dort habe ich einen Hippie gesehen, der mich mit seinen Reptilien-augen angesehen hat. Der Typ war echt grottenhässlich. Ich habe mir schon gedacht, gleich kommen Laserstrahlen aus ihm heraus, weil er so bunt angezogen war. Ich habe das meiner Mum erzählt und sie hat gesagt, dass er sich doch anziehen soll, wie er will.

Joy Kinsly:

Keccy ist 16 Jahre alt. Er macht gerade eine Ausbildung. Sein Hobby ist Fußball. Er ärgert mich oft. Wir streiten viel, aber danach vertragen wir uns wieder. Er nimmt mich oft in Schutz. Er gibt mir Geld, dass ich für ihn mit dem Hund gehe. Er hat einen Ohrring. Er mag gerne die Farbe Blau. Er hat braune Augen. Er hört gerne Musik. Er hat schon drei Lampen mit seinem Fußball kaputtge-schossen. Er ist mein Lieblingsbruder. Er vertraut mir seine Geheimnisse an.

Märchen und andere Geschichten:

Martin Pletzer:

Ein Junge mit schwarzem Haar und einem schwarzen Pullover und schwarz-weißen Schuhen saß ganz alleine in einem dusteren Gang, wo es muffig roch. Es gab zwar vier Fenster, doch durch diese gelangte nur wenig Licht. Die zwei Pflanzen ließen die Blüten hängen. Man hörte Kinder, die lachend draußen spielten. Der Junge war sauer, weil sein bester Freund von der Schule wegging und umzog. Er hatte keine Freunde, die mit ihm spielten. Also saß er einfach nur da. Als plötzlich ein Geist vor ihm erschien und zu ihm sagte: "Komm, lass dich nicht so hängen und such dir neue Freunde." Da rannte der Junge weg und lief die Treppe runter, quer über den Schulhof durch das Schultor. Als er die Straße betrat, war der Geist wieder da und sagte: "Schau da, du hast einen Wunsch frei." Der Junge wünschte sich nur, dass sein Freund wieder zurückkäme. Da brach ein rie-siger Schneesturm los und man konnte nichts sehen. Als sich der Schnee lichtete, sah er seinen Freund, er war wieder da! Da schrie der Junge: "Danke, Geist!" - Ende im Gelände.

Lisa-Marie Schröder:

Es war einmal ein Mädchen, das süchtig nach einer Fernsehserie namens DAS HAUS ANUBIS war. Sie hat ihre ganze Familie damit angesteckt. Das Mädchen hat auch schon alle Kleidungsstücke, die Nina bei DAS HAUS ANUBIS trägt.

Gangstern dicht auf den Fersen

Ein Verbrechen: Die SoKo Wortsport der Otfried-Preußler-Schule ermittelt. (Foto: Otfried-Preußler-Schule/oh)

Die SoKo Wortsport ermittelt: Die Siebtklässler der Otfried-Preußler-Schule in Stephanskirchen haben sich Krimis asugedacht.

Ein Mord an Klose (von Stephani Höhensteiger):

Der Kommissar Robert Ritter sitzt im Büro und langweilt sich, als ein Anruf eintrifft: Bei ihren Nachbarn sind Schüsse gefallen. Der Kommissar macht sich auf den Weg zu der Adresse. Als er ankommt, steht die Tür offen. Er findet in der Küche zwei Leichen, Miroslav Klose und seinen Sohn Kevin Klose, beide liegen auf dem Bauch in einer großen Blutlache. Robert Ritter beugt sich über die beiden. "Sucht an den beiden Toten nach Fingerabdrücken!" Die Spurensicherung findet einen Fingerabdruck, der nicht vom Vater oder vom Sohn stammt. Sie nehmen von allen Familienmitgliedern die Fingerabdrücke. Aber die sind nicht mit dem gefundenen identisch. Sie nehmen die Ehefrau Elisabeth mit zum Verhör auf die Wache mit. Sie sagt, dass sie ihren Ex-Freund Thomas Müller verdächtigt. Aber der hatte ein wasserdichtes Alibi. Das wäre zu schön und zu einfach gewesen.

Robert Ritter observiert die Ehefrau. Noch am selben Tag telefoniert sie mit ihrem Geliebten André Michael Klose, dem Bruder des Ermordeten. Der Kommissar wird misstrauisch und sagt zu seinem Kollegen: "Ich traue den beiden nicht. Aber wir haben nichts gegen sie in der Hand." Der Kommissar glaubt, nicht richtig zu hören, als der Bruder gesteht, dass er zusammen mit der Frau seinen Bruder ermordet hat. Die Ehefrau bestreitet das Ganze, aber der Kommissar glaubt nicht ihr, sondern dem Bruder.

Kommissarin Gänseblümchens erster Fall (von Adlina Burniki):

Gina Gänseblümchen musste an Weihnachten leider ihren ersten Nachtdienst schieben. Ihr war zum Kotzen. Am liebsten hätte sie den Heiligabend mit ihrem neuen Freund Justin verbracht. Wegen ihrer Hornbrille mit den dicken Gläsern, die ihre Augen stark vergrößerten, und wegen ihrer stets zersausten Haare hatte sie lange Zeit gebraucht, um einen Freund zu finden. Deshalb war es ihr gar nicht recht, ihn gerade an diesem Abend allein zu lassen. Sie war erst seit einer Woche auf der Polizeistation Grimmelshausen. Bisher war nichts los gewesen. Es sah so aus, als reizte das Fest der Liebe die Menschen nicht zu verbrecherischen Taten. An diesem Abend jedoch sollte alles anders kommen.

Als sie ihr Büro betrat, grüßte sie ihr Assistent Katzenbuckel, indem er ihr zunächst ein schmieriges Lächeln zuwarf. Seine Zähne waren schief und gelb vom vielen Rauchen. An seiner fetten Unterlippe klebte eine selbst gedrehte Zigarette. "Frohe Weihnachten", wünschte er ihr mit seiner heiseren Raucherstimme. "Frohe Weihnachten", gab Kommissarin Gänseblümchen seinen Gruß ein wenig widerwillig zurück und sagte: "Liegt etwas vor für diesen Abend?" "Unterm Tannenbaum, unterm Tannenbaum liegt die Leich." "Wie darf ich das verstehen?", fragte sie verwirrt.

"Im Waldstück von Sumpfhausen hat eine Joggerin heute Vormittag eine halb begrabene Leiche gefunden. Die Obduktionsergebnisse hat uns das Forensische Institut bereits vorgelegt. Auch die Leiche wurde aufgrund einer Vermisstenmeldung schon identifiziert. Es handelt bei der Toten um Melanie Kurzhauer, 23 Jahre alt, ledig, Verkäuferin von Beruf. Erdrosselt. Im Blut wurden chemische Substanzen gefunden. Da das Opfer vor Todeseintritt vergewaltigt wurde, können wir annehmen, dass ihr K.-o.-Tropfen verabreicht wurden, da im Blut entsprechende chemische Substanzen gefunden wurden." "Verdächtige?", fragte Kommissarin Gänseblümchen. "Nun", setzte Katzenbuckel an, "da der Tod gestern vor Mitternacht eintrat und wir durch ihre Mutter in Erfahrung bringen konnten, dass sie an diesem Abend mit ihrer Freundin Klara Ending in die Diskothek Dancehouse gegangen ist, müssen wir den Täter wohl auch dort suchen. Wir haben Klara bereits verhört und sie hat ausgesagt, dass ihre Freundin an diesem Abend schwer betrunken mit einem Mann weggegangen und nicht mehr in die Disco zurückgekommen ist. Bei dem Mann soll es sich nach Aussagen von Klara Ending um den Clubbesitzer persönlich handeln. Alois Heuschober, 32 Jahre alt, nicht vorbestraft. Der Verdächtige wurde bereits vernommen und bestreitet, an diesem Abend in Kontakt mit der späteren Toten getreten zu sein."

Da Herr Heuschober der Hauptverdächtige in diesem Fall war, hatten wir ein paar Stunden später einen Durchsuchungsbefehl für seine Wohnung, sein Auto und seine Diskothek. In seinem Auto fanden wir lange blonde Haare. Diese konnten vom Opfer stammen, das auch blondhaarig war. In seiner Wohnung fanden wir diverse Bilder des Mädchens, wahrscheinlich hatte er die Tat schon seit Längerem geplant. Als wir die Diskothek durchsuchten, fanden wir zuerst nichts Auffälliges. Doch als wir dann in Herrn Heuschobers Büro gingen und seinen Schreibtisch untersuchten, entdeckten wir unter ihm einen Tresor. Wir öffneten diesen und fanden dort eine halbvolle Flasche K.-o.-Tropfen.

Als Herr Katzenbuckel und Frau Gänseblümchen wieder im Revier waren, luden sie erst einmal Herrn Heuschober zur erneuten Vernehmung vor, da dringender Tatverdacht gegen ihn bestand.

Gefördert wurden Schreiwerkstätten vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Stiftung der Stadtsparkasse "Für Kinder und Jugendliche unserer Stadt" und der Stiftung Literaturhaus. Die Lesung beginnt am Dienstag, den 15. Februar um 18:30 Uhr im Literaturhaus, der Eintritt ist frei.

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