Lerchenau:Allgemeine Verunsicherung

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Seit Jahren plant das Immobilienunternehmen CA Immo, in der Siedlung Eggarten 1250 Wohnungen zu bauen. Geschehen ist bis heute nichts, immer mehr der einst schönen Grundstücke stehen leer und verwildern

Von Simon Schramm, Lerchenau

Im Garten von Heide Schmids Anwesen an der Wilhelmine-Reichard-Straße im Eggarten steht ein rund zehn Meter hoher Tannenbaum. "Als wir hierher gezogen sind, war der Baum so groß", sagt die 76-jährige und zeigt auf Hüft-Höhe. Heide Schmid ist mit ihrem Mann, der bei der Bahn gearbeitet hat, 1968 in die Siedlung gekommen. In das mehrstöckige Haus auf dem Grundstück haben die Schmids im Laufe der Jahre 125 000 Euro investiert. "Am Anfang gab es hier eine Toilette und kein Bad, wir haben auch selber die Heizung im Gebäude eingebaut." Der Mann von Heide Schmid ist vor einigen Jahren verstorben, alleine kümmert sie sich seitdem um den etwa 1200 Quadratmeter großen Garten. In ihrem Alter sei ihr das zu viel, darum habe sie sich entschlossen, den Eggarten zu verlassen. Sie habe sich mit der Situation versöhnt und ziehe im Herbst nach Niederbayern. "Ich mache mir dort ein schönes Leben", sagt Heide Schmid. Eine Rolle bei Heide Schmids Auszug nach 47 Jahren spielt aber auch, dass die Zukunft des Eggarten seit Jahren offen ist.

In der dicht bebauten Boomstadt München wirkt die Kolonie Eggarten wie eine vergessene Idylle: Nur wenige Gehminuten vom Olympia-Einkaufszentrum entfernt, befindet sich dieses ruhige, weitläufige Areal, in dem es keine asphaltierten Straßen gibt. Auf dem 146 Hektar großen Gebiet stehen einige ältere Wohnhäuser und viele Gartenparzellen. Vor etwa sechs Jahren wurde diese Idylle gestört, seitdem herrscht Verunsicherung. Damals kündigte das Immobilienunternehmen CA Immo, dem zwei Drittel der Grundstücke gehören, an, das restliche Drittel erwerben zu wollen und den Eggarten mit rund 1250 Wohnungen neu zu bebauen. Geschehen ist das bis heute nicht, vielmehr kursierten immer wieder Gerüchte über den Verkauf oder eine baldige Bebauung. Tatsächlich steht immer noch nicht fest, was im Eggarten passiert: Nach der letzten Ausschreibung im Dezember 2014 haben die Bundeseisenbahnvermögen (BEV), noch Eigentümer des restlichen Drittels, das Verfahren zum Verkauf bisher noch nicht abgeschlossen. Derzeit laufe die Abstimmung mit dem Meistbietenden, so ein BEV-Sprecher. Offen sei, wann das Verfahren beendet werde. Dabei soll es sich dem Vernehmen nach aber nicht um die CA Immo handeln.

Manche der Wohngebäude in der Siedlung stehen leer, weil ihre Bewohner verstorben sind. Briefkästen quellen über, Putz bröckelt. Auch viele Gartenparzellen verwildern, in manchen Abschnitten liegt Müll herum, etwa ein kaputter Wohnwagen, manche werden aber immer noch gepflegt. Die CA Immo verpachtet die Gärten nur noch mit einer Frist von einem Jahr. Viele in der Siedlung wollen noch abwarten, wie die Verhandlungen ausgehen. Eine Bewohnerin eines Wohnhauses sagt: "Wir wohnen seit zehn Jahren hier und bleiben bis zum Ende." Ein älterer Herr, der im Eggarten seit 38 Jahren gärtnert, möchte es ebenfalls bis zum Schluss durchziehen: "Ich bleibe hier, solange ich noch laufen kann."

Die CA Immo hatte den Zuschlag für das restliche Drittel nicht erhalten, weil sie nicht Bestbieter war; die Pläne für die Entwicklung eines Wohnquartiers auf dem Areal bestehen nach wie vor, bestätigte eine Sprecherin. Als die CA Immo vor Jahren dann ihre Pläne ankündigte, formulierte das Planungsreferat Bedingungen für die Erteilung von Baurecht: ein klares Konzept, sozialverträgliche Nutzung für die Mieter, eine Alternative für die Kleingartenpächter und vor allem ein einheitlicher Eigentümer.

Falls die aktuellen Verhandlungen ein positives Ergebnis bringen, müssten die CA Immo und der neue, zweite Eigentümer also mit der Stadt neu besprechen, wie eine mögliche Bebauung aussehen könnte. So oder so hat der Bürgerverein Lerchenau gefordert, dass ein Bebauungsplan erstellt wird.

© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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