Landtagswahl:Micky Wenngatz ersetzt Andreas Lotte

Lesezeit: 2 min

Wie die SPD ihren Landtagsabgeordneten absägt

Von Heiner Effern

Der Blick von außen ließ auf eine Karriere schließen, die erst noch Fahrt aufnehmen könnte: 44 Jahre alt, erste Amtszeit im Maximilaneum, mit Wohnen und Mieten ein zentrales Münchner Thema als Fachgebiet. Doch die Landtagszeit von Andreas Lotte (SPD) wird im Herbst 2018 schon wieder enden. Denn von innen heraus, also von der zuständigen Basis aus, gibt es eine andere Sichtweise: Die Delegierten im Stimmkreis Hadern wählten lieber die bekannte SPD-Frau Micky Wenngatz, 57, zu ihrer Kandidatin für den Landtag. Mit 19 zu 15 Stimmen fiel das Ergebnis zwar knapp, aber nicht einmal hauchdünn zu ihren Gunsten aus.

Bei Lotte sitzen Schock und Enttäuschung offensichtlich tief, er wollte sich am Donnerstag dazu nicht äußern. Die siegreiche Kandidatin, die sich seit 30 Jahren ehrenamtlich engagiert, will noch mal in ein neues politisches Abenteuer aufbrechen. "Irgendwann ergeben sich durch den Job Grenzen, ich will nun hauptamtlich viel Zeit und Kraft investieren", sagte Wenngatz, der es nach ihrer Eigenbeschreibung ohnehin nicht an Energie fehlt. "Ich bin ein echtes Politiktier." Dass sie das nun auch im Landtag beweisen kann, kommt für Menschen, denen sich das Seelenleben der SPD nicht auf den ersten Blick erschließt, überraschend. Doch Wenngatz hatte schon 2013 versucht, das Mandat in Hadern zu ergattern.

Mit 19 gegen 15 Stimmen wählten die Delegierten Micky Wenngatz zu ihrer Kandidatin. (Foto: SPD)

Damals scheiterte sie knapp an Lotte. In den vergangenen Jahren baute sie ihre Position in der SPD nochmals aus: Als persönliche Referentin von Bürgermeisterin Christine Strobl war sie eigentlich schon hauptamtlich in der Politik und damit indirekt auch in der SPD aktiv. Eine weitere Vernetzung in der Partei brachte der Landesvorsitz der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen. Dazu erwarb sich Wenngatz in ihrem Heimatviertel, aber auch in ganz München, einen Ruf als Kämpferin gegen den Rechtsextremismus. Seit 2010 leitet sie als Gründungsmitglied den Verein "München ist bunt." Aus ihrem Engagement zieht sie auch die Themen, mit denen sie im Wahlkampf und dann möglichst auch im Landtag punkten will: Gleichstellung der Frau, Gerechtigkeit im Sozialen und der Bildung sowie der Einsatz für ein weltoffenes Bayern. "Der Wahlkampf beginnt mit dem heutigen Tag", sagte sie. Und freut sich schon auf ein Duell mit Kultusstaatssekretär Georg Eisenreich (CSU). "Den scheue und fürchte ich nicht. Ich will das Direktmandat gewinnen und werde ihn mit den Fehlern der CSU in der Bildungspolitik konfrontieren."

Lotte musste sich einer Parteikollegin geschlagen geben, die in der SPD und darüber hinaus einen Namen hat. Zugute könnte ihr auch gekommen sein, dass sich die Grenzen der Stimmkreise verschoben haben und sich die Delegierten aus den Ortsvereinen anders zusammensetzen. Diese entscheiden in geheimer Wahl über die Kandidatur. Dazu wurde Lotte unter der Hand vorgeworfen, nach einem starken Start trotz seines wichtigen Hauptthemas zunehmend unsichtbar geworden zu sein. Eine wichtige Frage ist besonders bei der SPD zudem, ob ein Abgeordneter sich bei lokalen Parteitreffen ständig zeigt.

Andreas Lotte muss nach seiner ersten Amtszeit bereits wieder weichen. (Foto: Marion Hogl)

Die Münchner SPD-Spitze wollte das Ergebnis im Stimmkreis Hadern nicht kommentieren. "Das entscheidet die Basis, da mischen wir uns nicht ein", sagte die Vorsitzende Claudia Tausend. Die Delegierten hätten die Wahl zwischen zwei starken Kandidaten gehabt. Eines ist aber der Münchner SPD-Chefin wichtig: Das Thema Wohnen und Mieten dürfe mit Lotte nicht aus der Landtagsarbeit verschwinden. "Wir werden als Vorstand nach der Aufstellung der Kandidaten schauen müssen, dass alle zentralen Themen für München im Wahlkampf und dann auch im neuen Landtag abgedeckt sind."

Das gilt möglicherweise auch für die Bildungs- und Hochschulpolitik. Um die kümmert sich momentan sogar als Sprecherin der Fraktion die Münchnerin Isabell Zacharias, 57. Doch gegen die im Maximilianeum angesehene Expertin wird in Schwabing der Vorsitzende ihres eigenen Ortsvereins, Lars Mentrup, antreten. Von außen betrachtet wäre es strategisch schwer verständlich, wenn die SPD Zacharias im Stimmkreis gegen Bildungsminister Ludwig Spaenle nicht antreten ließe. Das muss aber nicht heißen, dass das die Basis genauso sieht.

© SZ vom 10.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: