Volkszählung 2011:Die Pflicht zum Bericht

Lesezeit: 2 min

Gut erfasst und abgezählt: Für den "Zensus 2011" müssen 67.000 Haushalte in München berichten, wie sie leben und arbeiten. Gegen die Befragung weigern kann sich niemand.

Dominik Hutter

Das Wort Volkszählung kommt den Verantwortlichen nur selten über die Lippen: Zensus 2011 nennt sich die bundesweite Erfassung, die im Mai nächsten Jahres die nach fast 25J ahren nicht mehr ganz taufrischen Datenbestände der Behörden auf den neuesten Stand bringen soll.

Der Gläserne Bürger? Mit der Volkszählung im Jahr 2011 wollen die Behörden ihre Informationen über die Bürger auf den neuesten Stand bringen - vollkommen datenschutzverträglich versteht sich. (Foto: AP)

Anders als bei der umstrittenen Volkszählung 1987 werden allerdings nicht mehr sämtliche Bürger befragt. Da zahlreiche Daten aus bestehenden Behördenregistern entnommen werden, begnügen sich die Statistiker diesmal mit Stichproben: In München erhalten voraussichtlich 66930 Haushalte Besuch von einem ehrenamtlichen "Interviewer", bayernweit trifft es 1,18 Millionen.

Zusätzlich müssen sämtliche Eigentümer von Wohngebäuden detaillierte Auskünfte über ihre Immobilie, deren Ausstattung und Nutzung erteilen. Die Teilnahme am Zensus 2011 ist Pflicht. Wer sich weigert, riskiert eine Geldstrafe - bei voller Ausschöpfung des Gesetzesrahmens bis zu 5000 Euro. So weit allerdings will man nach Angaben des Statistischen Bundesamts nicht gehen. Derzeit werde diskutiert, Auskunftsverweigerern rund 300 Euro abzuknöpfen.

Die wird es vermutlich in größerer Zahl geben - wie schon 1987 ist auch die Volkszählung 2011 aus Gründen des Datenschutzes umstritten. Tatsächlich haben es die Fragen der Interviewer in sich: Der Staat will wissen, mit wie vielen Leuten man zusammenwohnt ("eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft?"), ob man einen Migrationshintergrund hat und über welchen Schul- und Hochschulabschluss man verfügt.

Dazu kommen Fragen wie "Können Sie innerhalb der nächsten zwei Wochen eine bezahlte Tätigkeit aufnehmen?" - und wer in der Zensuswoche vom 9. bis 15. Mai 2011 ausnahmsweise nicht gearbeitet hat, soll dafür einen Grund nennen. Zuletzt muss der aktuell ausgeübte Beruf genannt werden.

Freiwillig ist die Frage nach der Religionszugehörigkeit - was freilich bei einer öffentlich-rechtlichen Gemeinschaft wie der katholischen Kirche keine Rolle spielt, da diese auch auf der Lohnsteuerkarte verzeichnete Mitgliedschaft ohnehin bekannt ist.

Datenschützer kritisieren Teile des Fragenkatalogs, vor dem Bundesverfassungsgericht sind bereits zwei Klagen gegen den Zensus 2011 anhängig. Laut Johann Szenzenstein vom Statistischen Bundesamt werden aber alle Datenschutzvorschriften eingehalten. Ebenfalls beachtet würde das vom Bundesverfassungsgericht in den 1980er Jahren verordnete "Rückspielverbot": So müssen zwar die kommunalen Meldestellen, in München das Kreisverwaltungsreferat, ihre Daten an die Zensusbehörden weitergeben.

Finden die aber, etwa beim Abgleich mit anderen Melderegistern, einen Fehler, wird dieser zwar für den Zensus korrigiert, aber nicht an die kommunale Stelle zurückgemeldet. Die muss weiterhin mit ihrem laufend fortgeschriebenen und nun erwiesenermaßen falschen Datenbestand arbeiten.

In der Praxis läuft der Zensus so ab: Einer der bayernweit 19.000 Interviewer meldet sich bei den zufällig Auserwählten an, schlägt einen Termin vor, nimmt mit mögliche Ausweichtermine entgegen und erinnert - bei Ausbleiben einer Reaktion - daran, dass die Teilnahme am Zensus keineswegs freiwillig ist.

Befragt werden die Münchner dann bei einem persönlichen Besuch in der Wohnung - den man ganz legal vermeiden kann, indem man den Bogen an der Haustür entgegennimmt, sich höflich vom Interviewer verabschiedet und die Felder später alleine ausfüllt. Ängstliche Menschen dürften diesen Weg bevorzugen.

Denn um ausreichend Bewerber für den nur mäßig bezahlten Job zu finden, verzichten die Behörden auf einen sonst üblichen Standard bei Einstellungen: die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses.

© SZ vom 25.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: