Unterhaching:Wiesn-Händler mit Herz

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Naschen für den guten Zweck: Die Toleranz-Herzen auf der Wiesn. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Unterhachinger Firma verkauft Oktoberfest-Souvenir zugunsten von Flüchtlingen

Von Julia Weller, Unterhaching

"Die Flüchtlingsproblematik ist momentan in aller Munde", sagt Wiesn-Händler Andreas Greipl. Dass dieses sonst so bittere Thema auch richtig gut schmecken kann, beweist der 37-Jährige mit einem besonderen Projekt: Auf dem diesjährigen Oktoberfest will er Lebkuchenherzen zugunsten von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen verkaufen.

"Unsere Herzen gibt es in vielen Farben, denn sie sollen so bunt sein wie die Leute, die nach München kommen", erzählt Greipl, der von Unterhaching aus einen Onlineshop für bayerische Souvenirs betreibt. Die Idee, Lebkuchenherzen für einen guten Zweck zu verkaufen, habe er nicht weit hergeholt: "Wir haben hier mit der Wiesn eine prominente Plattform mit den besten Voraussetzungen für eine Spendenaktion: Es sind viele Leute da, die bereit sind, Geld auszugeben", so der Wiesn-Händler. Er ist mit seinen Ständen im Hofbräuzelt sowie in der Ochsenbraterei vertreten und verkauft dort für 6,90 Euro kleine Herzen, verziert mit der Aufschrift "Toleranz".

"Dieses Wort drückt aus, was man als Bürger jetzt zeigen muss", findet Greipl. Bei den neu eingeführten Grenzkontrollen etwa müsse man auch mal einen Stau hinnehmen. Und auch die Oktoberfestbesucher müssten tolerant sein, wenn sie von Samstag an zu Tausenden am Hauptbahnhof auf Geflüchtete träfen.

Das soziale Engagement vieler Münchner, die in den vergangenen Wochen freiwillige Hilfe leisteten, lobt Greipl: "Mehr geht schon fast nicht mehr, da sind wir schon Vorreiter." Der Staat dürfe sich jedoch nicht auf private Helfer verlassen und deren Motivation nicht überstrapazieren. "Das ist die Aufgabe der Politiker", sagt der Unternehmer. Greipl sieht sich und die Wiesn-Wirte trotzdem in der Pflicht, ihren Teil zum Wohlergehen der Gesellschaft beizutragen: "Ich spreche da auch für andere, wenn ich sage, dass wir eine soziale Verantwortung haben."

Spendenaktionen sind auf der Wiesn eigentlich nicht erlaubt, selbst wenn sie karitativen Zwecken dienen. "Wir dürfen die Herzen aber verkaufen, weil wir ja nicht mit der Sammelbüchse herumlaufen", erzählt Greipl. "Der Kunde erwirbt bei uns ein typisches Wiesn-Souvenir, statt mit einer Spendenquittung heimzugehen."

Auf einem Volksfest für die Probleme der Flüchtlinge zu sensibilisieren, erfordert laut Greipl einiges an Fingerspitzengefühl. "Die Leute sollen sich dort natürlich vergnügen, aber sie sollen auch Solidarität zeigen. Natürlich dürfen sie auf dem Oktoberfest Spaß haben, aber wenn sie die Theresienwiese verlassen, ist eben die Realität wieder da."

In diesem realen München leben 150 minderjährige Geflüchtete in festen Einrichtungen der Caritas. "Das wichtigste für diese Kinder ist Bildung, Bildung, Bildung", sagt Monika Huber vom Caritasverband München und Freising. Der Erlös aus dem Verkauf der Lebkuchenherzen könne für Sprachkurse und Lernmaterialien verwendet werden. Auch Händler Greipl betont: "Die Kinder und Jugendlichen müssen gut in die Gesellschaft integriert werden. Falls es in zehn Jahren Spannungen geben sollte, dann wurde nicht genug für die Bildung der Flüchtlinge getan." Greipl hat bereits mehrere Hundert Toleranz-Herzen herstellen lassen. Produziert werden sie von der Firma Fesey in Ottobrunn, die auch 50 Prozent der Kosten übernimmt.

"Ich bin Fesey sehr dankbar, denn sie finanzieren das Projekt nicht nur zur Hälfte, sondern stellen auch andere Aufträge für die Produktion dieser Herzen zurück", sagt Greipl. Wie viele Herzen es insgesamt geben werde, das wisse er noch nicht. Abhängig von der Nachfrage müsse man eventuell noch nachproduzieren. "Ich möchte so viele haben, dass den Damen beim Herzschreiben die Finger glühen", scherzt Greipl. Der Verkauf soll das ganze Oktoberfest über laufen sowie zwei oder drei Wochen darüber hinaus im Onlineshop. Eben bis die Toleranz-Herzen in aller Munde sind.

© SZ vom 17.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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