Unterföhring:Der Sog der Mystik

Lesezeit: 2 min

Kehrt nach sieben Jahren in die Heimat zurück: In Unterföhring zeigt die Südkoreanerin Yeonsoo Kim ihre Werke zum vorerst letzten Mal in Bayern. (Foto: Florian Peljak)

Yeonsoo Kim zeigt im Bürgerhaus dunkle Szenerien

Von Christina Hertel, Unterföhring

Vorab ein kleines Experiment: Augen zumachen und an Bayern denken, besser gesagt, an die typisch bayerische Landschaft. Wie sieht sie aus? Schneebedeckte Berge, grüne Wiesen, Balkone voller Geranien, Zwiebeltürmchen? Ein gemütliches, kitschiges Klischee? Wenn sich die Künstlerin Yeonsoo Kim an die bayerische Landschaft erinnert, sieht sie etwas ganz anderes: dunkle Wälder, karge Felder, alles ein bisschen mystisch. Diese Erinnerungen hielt sie fest. Von diesem Freitag an sind ihre Werke im Unterföhringer Bürgerhaus zu sehen. "Vorüberziehen" - Titel aller Bilder und gleichzeitig der Ausstellung. Es ist die letzte der Künstlerin in Deutschland, dann kehrt sie in ihre Heimatstadt Seoul zurück.

Sieben Jahre lang lebte die Koreanerin in München. Säße sie bei der Maltherapie und nicht in einem Ausstellungsraum, würde man wohl zu dem Schluss kommen, dass die Zeit in Bayern nicht immer ganz leicht gewesen sein muss. Auf ihren Bildern sind schwarze Wälder zu sehen - wie ein Dschungel oder wie im Märchen. Mehrere Leinwände nebeneinander fügen sich zu einem Bild zusammen - funktionieren zwar auch einzeln, entfalten aber erst zusammen die ganze Kraft. Sicher hat das etwas mit den Ausmaßen zu tun: Die größte Arbeit ist 1,80 auf neun Meter groß. Schaut man sie sich zu lange an, entsteht fast das Gefühl, von der Farbe eingesogen, verschluckt zu werden. Unheimlich, aber faszinierend. Kim malt die Landschaften aus der Erinnerung heraus. Während ihrer Zeit in München - sie besuchte dort die Akademie der Bildenden Künste - fuhr sie viel mit Zug oder S-Bahn. Hinterher brachte sie das Gesehene auf die Leinwand, aber nie konkret oder in Details. Es sind quasi atmosphärische Landschaften. Heimweh habe sie tatsächlich gehabt. Und auf die Frage, ob sie sich nun wieder auf Zuhause freue, lächelt Kim bloß. Sie ist 32 Jahre alt, wirkt aber jünger, weil sie klein und zierlich ist. Ursprünglich kommt Yeonsoo Kim aus Seoul. Sie studierte schon in ihrer Heimat Tuschemalerei. Dann gab ihr der Vater einen Rat: "Wenn du echte Künstlerin werden willst", sagte er, "musst du ins Ausland". Also bewarb sie sich an der Münchner Akademie - und wurde angenommen.

In der Ausstellung in Unterföhring sind ihre Werke der vergangenen drei Jahre zu sehen. Eine Entwicklung erkennt man deutlich: Mit der Zeit sind die Bilder düsterer geworden. Anfangs malte sie noch Handyfotos ab - Bäume im Nymphenburger Schloss etwa. Die Farben sind heller - rosa, grau, braun, die Strukturen ausgeprägter. Der Betrachter erkennt einzelne Äste und Blätter. Das wirkt zwar freundlicher, doch spannender sind Kims dunkle Wälder. Vielleicht, weil sie so mystisch wirken, so melancholisch. Empfand der Mensch dafür nicht schon immer eine Faszination?

Fünf Wochen lang sind die Werke im Unterföhringer Bürgerhaus zu sehen. Dann packt sie Yeonsoo Kim sorgfältig zusammen und lässt sie nach Korea schiffen. Wochenlang sind ihre Bilder dann auf See. Es wird kalt sein und heiß. Dass ihre Arbeiten schimmeln könnten, davor hat Kim am meisten Angst. Aber eigentlich ist sich die Künstlerin sicher: "Es ist Zeit, heimzukommen."

Vernissage ist am Freitag, 27. Januar, um 19 Uhr. Die Ausstellung dauert bis zum 4. März. Öffnungszeiten des Bürgerhauses: Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr.

© SZ vom 27.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: