Taufkirchen:Reisediplomatie

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Landrat Christoph Göbel (links) am Donnerstag im Taufkirchener Gemeinderat. Rechts, neben ihm, Bürgermeister Ullrich Sander (parteilos). (Foto: Angelika Bardehle)

Landrat Göbel wirbt an vielen Orten für die Unterbringung von Flüchtlingen

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Wenn der Notfall eintritt, müssen Politik und Behörden schnell handeln. Dass solche Pläne der Bevölkerung selten gefallen, zeigen derzeit die Proteste gegen die vorübergehende Unterbringung von Flüchtlingen in vier Sporthallen des Landkreises. Schnell wird der Vorwurf laut, die Anwohner seien nicht ausreichend informiert worden. Und das macht die Akzeptanz noch schwieriger. Landrat Christoph Göbel (CSU) will sich - ob die Leute seinen Notfallplan nun gut heißen oder nicht - wenigstens keine mangelhafte Informationspolitik vorwerfen lassen. Möglichst bevor der Unmut zu einem lautstarken Protest anwächst, eilt er derzeit in die Gemeinden und wirbt um Verständnis, liefert Erklärungen, Zahlen und erläutert die Notwendigkeit seines Handelns.

Nach einem Blitzbesuch bei einer Informationsveranstaltung vergangene Woche in Oberhaching, schaute er an diesem Mittwoch in Sauerlach vorbei, wo er dabei war, als die Bürger vor der Eröffnung der Asylunterkunft den Bau besichtigen konnten. Am Donnerstagabend war er schon in Taufkirchen. Immerhin eineinhalb Stunden lang stellte er sich während einer Gemeinderatssitzung den Fragen der Bevölkerung. Das Versprechen, die Dreifachturnhalle in Sportpark werde nie wieder als Notunterkunft für Asylbewerber dienen, konnte der örtliche Sportverein, der SV-DJK Taufkirchen, dem Landrat allerdings nicht abringen.

90 Flüchtlinge in der Woche hat der Landkreis München derzeit unterzubringen, das sind 7,2 Prozent aller Asylbewerber in Oberbayern. Im Moment leben 1900 Flüchtlinge in den 29 Gemeinden, bis Ende des Jahres rechnet man mit 3800. "Es ist nicht banal, im engen Siedlungsraum Unterkünfte zu finden", sagte Göbel. Derzeit gibt es keine freien Plätze, die geplanten Unterkünfte werden frühestens in einem halben Jahr fertig sein. Um bis dahin alle erwarteten Flüchtlinge unterzubringen, müsste der Landkreis sieben bis zehn Dreifachturnhallen oder 20 Einfachturnhallen beschlagnahmen. Keine wirklich gute Idee, findet auch der Landrat, der darauf hinwies, dass er als Präsident des TSV Gräfelfing sehr wohl auch die Einwände der Sportvereine verstehe. Die Lösung für dieses Problem hat der Landkreis offenbar jetzt im Aufstellen von Traglufthallen gefunden. "Dort sind die Bedingungen wesentlich besser als in Sporthallen", ist Göbel überzeugt, nachdem er eine solche Unterkunft in Berlin selbst schon einmal besichtigt hat.

Als so genannter fliegender Bau würden diese Traglufthallen, die jetzt auf der Taufkirchner Zirkuswiese und in Neubiberg am Rande des ehemaligen Rollfelds im Landschaftspark errichtet werden, für sechs Monate genehmigt. Von Montag an werden in Taufkirchen die Pflöcke in den Boden geschlagen, bis Mitte Juli soll dann die Halle stehen, die derzeit noch angefertigt wird. Im Innern sind Sanitärcontainer und Kabinen für Betten und Spinde geplant. Eine Küche wird die Halle aus Sicherheitsgründen nicht haben, die Verpflegung übernimmt ein Caterer.

2700 Plätze will der Landkreis mit den Traglufthallen schaffen. "Wir benötigen etwa 2000 Plätze und schaffen so eine Überkapazität", sagte Göbel in Taufkirchen. Diese Rechnung erleichtert den Landrat nicht nur in Hinblick auf die weiterhin steigenden Flüchtlingszahlen. "Ich rechne damit dass wir weitere Unterkünfte bauen müssen", sagte der Landrat. Auch der Notfallplan des Freistaats könne schließlich jederzeit wieder aktiviert werden.

Bereits im Februar war die Taufkirchner Dreifachturnhalle aus diesem Grund vorübergehend belegt worden. Ausdrücklich betonte Göbel, dass zwischen zwei verschiedenen Notfallplänen zu unterscheiden sei, dem des Freistaats und dem des Landkreises. Die Halle am Köglweg aus dem staatlichen Notfallplan herauszunehmen - wie der Sportverein fordert - gehe allerdings nicht. Denn bei den dafür vorgesehenen Hallen sei alles so weit vorbereitet, dass ein Umbau in eine Unterkunft sehr schnell, innerhalb eines halben Tages, erfolgen könne. Gleichwohl hofft Göbel mit dem zusätzlichen Platzangebot in den Traglufthallen eine mögliche Beschlagnahmung einer Sporthalle in seinem Landkreis abwenden zu können. "Wir haben damit einen Plan mit Netz und doppelten Boden", sagte er.

In etwa sechs bis neun Monaten soll dann auf dem Areal nördlich der Taufkirchner Realschule eine Unterkunft in Modulbauweise für rund 200 Asylbewerber stehen und die Traglufthalle wieder abgebaut werden.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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