Taufkirchen:Reines Blech

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Seit den Siebzigerjahren ist Tubist Chuck Daellenbach mit "Canadian Brass" weltweit erfolgreich. Jetzt kommt das Ensemble ins Kultur- und Kongresszentrum

Von Udo Watter, Taufkirchen

Blechbläser genießen nicht nur den Ruf, trinkfest zu sein, sondern aufgrund des täglichen Lippentrainings auch besonders gut küssen zu können. Die Streicher weisen dann gerne darauf hin, dass sich das diesbezügliche Vergnügen doch in Grenzen halte, da der fragliche Mund nach Blech schmecke. Unabhängig von solchen Kontroversen deutet einiges darauf hin, dass Blechbläser jedenfalls eine schöne Gabe häufig besitzen: Sie pflegen einen virtuosen Zugang zum Humor.

Ein bekannter Klangkörper hierzulande ist Blechschaden, bestehend aus Musikern der Münchner Philharmoniker, die für komische Einlagen und ihren Unterhaltungswert bekannt sind. Zu den international renommiertesten Blechbläser-Ensembles wird Canadian Brass gezählt, ein 1970 gegründetes Quintett, zu dessen Markenzeichen es gehört, neben der hohen musikalischen Qualität auf der Bühne auch immer humorvolle Zwischenakte zu inszenieren. "Wenn man sein Leben mit einem metallenen Mundstück verbringt, braucht man die Fähigkeit, das Leben leichter zu nehmen", sagt Chuck Daellenbach, der Tubist. Am Donnerstag, 6. April, gastiert das in Toronto beheimatete Ensemble, das unter anderem einen Grammy und einen Echo-Klassik gewonnen hat, im Taufkirchner Kultur- und Kongresszentrum. Die Besetzung hat in all den Jahrzehnte natürlich immer wieder gewechselt, Daellenbach ist aber in der Tat seit 1970 dabei. Der 1945 in Wisconsin geborene Mitgründer des Quintetts ist nicht nur Spiritus Rector und Faktotum von Canadian Brass, er hat 2014 sogar den "Order of Canada" erhalten, die höchste Auszeichnung des Landes für Zivilpersonen. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht. "Die Liebe zur Musik treibt mich an. Ich finde es auch nach so vielen Jahren zu verführerisch, vor Publikum zu spielen." Seine aktuellen Kollegen im Ensemble - Christopher Coletti, Caleb Hudson (Trompete), Achilles Liarmakopoulos (Posaune) und Bernhard Scully (Horn) - bilden mittlerweile die zweite Generation. "Die Jungen inspirieren mich immer wieder neu", schwärmt Daellenbach. Ausgezeichnete Virtuosen sind sie alle ohnehin. Kreativität, individuelles Können und die Lust, alle Möglichkeiten einer reinen Blechbläser-Formation zu erkunden, zeichnet die Gruppe seit jeher aus. Die Virtuosität eines jeden Einzelnen ist bemerkenswert, die Lust am versierten Zusammenspiel ebenso. Das vielfältige Repertoire umfasst neben Bläser-Standards eine große Sammlung an speziell auf das Ensemble zugeschnittenen Arrangements. Werke der Meister aus Renaissance und Barock, klassische Werke, Märsche, Ragtime, Dixieland, Latin, Jazz, Big Band, Broadway und zeitgenössische Songs. Ihr großer musikalischer Kosmos, von Gabrieli bis Gershwin, wird von der Kritik immer wieder gefeiert. In Taufkirchen werden sie unter anderem neu arrangierte Klavierwerke von Brahms und Schumann spielen sowie eine brandneue Eigen-Komposition "The White Rose", die der Münchner Widerstandgruppe gewidmet ist. Ein Kennzeichen des Quintetts ist die Praxis, neben dem obligatorischen Frack für Kammermusiker in weißen Turnschuhen aufzutreten. Dass Chuck Daellenbach, geboren in Rhinelander/Wisconsin, Tuba gelernt hat (und zu einem der anerkanntesten Virtuosen auf diesem Instrument weltweit gehört), ist auch familiär begründet: Er entstammt einer Musikerfamilie mit schweizerischen und deutschen Wurzeln. Später hat er unter anderem bei Arnold Jacobs gelernt, der ein legendärer Tubist beim Chicago Symphony Orchestra war. "Da wir die Basslinie spielen, fühlen wir Tubisten uns besonders bedeutend", sagt Daellenbach schmunzelnd. Das Taufkirchner Konzert von Canadian Brass ist auf der aktuellen Tournee die einzige Gelegenheit im Raum München, den fünf Musikern in weißen Turnschuhe zuzusehen, wie sie eine virtuose Lippe riskieren.

Karten für das Konzert am 6. April in Taufkirchen gibt es für 28 Euro zuzüglich Vorverkaufsgebühr. Diese sind im Vorverkauf unter 089/666 72 21 52 oder -153 und den bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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