Putzbrunn:Überholte Vereinbarung

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Zankapfel: Um die Unterkunft in der Waldkolonie hatte es mächtig Streit gegeben. Nun muss Putzbrunn wohl bald zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen. (Foto: Claus Schunk)

Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier ist bereit, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, als die Gemeinde vor zwei Jahren mit dem Landkreis abgesprochen hat. Fraktionssprecher reagieren mehrheitlich positiv

Von Stefan Galler, Putzbrunn

Völlig auf dem falschen Fuß hätten ihn die Aussagen von Landrat Christoph Göbel (CSU) nicht erwischt, sagt Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD). Schon im Sommer sei eine Anfrage bei der Gemeinde eingegangen, wonach der Landkreis leer stehende Gewerbeflächen eventuell für die Unterbringung von Flüchtlingen anmieten möchte. "Ich habe damals auf die bestehende Vereinbarung mit dem Kreis hingewiesen", sagt Klostermeier. Dieses Abkommen begrenzt die Zahl der in Putzbrunn unterzubringenden Asylbewerber auf 75, davon wohnen 60 in einer Gemeinschaftsunterkunft in der Waldkolonie und 15 im Pfarrhaus.

Doch jener Vertrag könnte bald nicht mehr gelten, darauf hat Göbel kürzlich in einem SZ-Interview hingewiesen. Auf die Frage, ob er angesichts der enormen Zahlen an Neuankömmlingen im Landkreis Bestandsgarantien wie jene für Putzbrunn aufrechterhalten könne, entgegnete der Landrat: "Nein, das kann ich nicht." Er wolle bei dem Ansatz bleiben, dass Flüchtlinge entsprechend der Einwohnerzahl in allen 29 Kommunen untergebracht werden. Die Vereinbarung sei damals vor einem ganz anderen Hintergrund getroffen worden: "Damals nahm Putzbrunn 75 Flüchtlinge auf, im ganzen Landkreis waren es 670. Heute haben sich die Dinge entscheidend geändert", so der Landrat.

Konkret geht es um jene Vereinbarung, die Göbels Vorgängerin Johanna Rumschöttel (SPD) mit Klostermeier im März 2013 geschlossen hatte und die eben besagt, dass in der Kommune nicht mehr als insgesamt 75 Asylbewerber einquartiert werden dürften. Damals hatten die Kommunalpolitiker auf die vehementen Proteste gegen eine geplante Massenunterkunft für rund 120 Flüchtlinge reagiert und diesen Kompromiss geschlossen, um einer Bürgerinitiative, die sich gegen Sammelunterkünfte für Migranten und für eine gerechte Verteilung der Asylbewerber auf den gesamten Landkreis aussprach, den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Klostermeier hat großes Verständnis für die Argumentation des Landrates: "Zum Zeitpunkt unseres Abkommens war insgesamt von 300 bis 450 Flüchtlingen die Rede, die im Landkreis untergebracht werden sollten. Heute reden wir von 6000 , das ist das 15-fache." Deshalb werde er persönlich auch keinesfalls auf der Vereinbarung von vor zweieinhalb Jahren bestehen. Allerdings sei dies natürlich eine Sache des Gemeinderates. Demnächst werde das Thema im Gremium behandelt. Die Fraktionssprecher habe er bereits informiert, so der Bürgermeister. Sie hätten ihn in seiner Meinung bestärkt, dass man den Landrat unterstützen müsse: "Es gab keine einzige negative Reaktion, die Mehrheit hat ausdrücklich ihr Verständnis ausgedrückt." Für Klostermeier ist klar, dass es zur Aufhebung der Vereinbarung keine Alternative gibt, alleine schon aus Gründen der Gleichberechtigung: "Wie sollten wir den Aschheimern das erklären, die mehrere Tausend unterbringen? Ich kann das nicht und will das nicht", so der Bürgermeister.

Klar sei allerdings auch, dass die Unterbringung weiterer Flüchtlinge keinesfalls auf jenem weitläufigen Landkreis-Grundstück in der Waldkolonie passieren könne, wo die erste Gemeinschaftsunterkunft 2014 in Betrieb gegangen ist. Hier werden dem aktuellen Gemeinderatsbeschluss entsprechend 70 Wohnungen und Appartements gebaut, die für Pflegepersonal, Erzieherinnen und andere Beschäftigte im Sozialbereich, vorgesehen sind. Anerkannte Flüchtlinge dagegen seien dort "weniger vorstellbar", wie Klostermeier sagt.

Dass sich der Landrat jedoch auch in dieser Richtung bereits Gedanken macht und ein großes landkreisweites Bauprojekt für bezahlbaren Wohnraum angeht, begrüßt der Putzbrunner Rathauschef vorbehaltlos: "Darüber bin ich sehr froh, denn ich habe immer darauf hingewiesen, dass wir uns überhaupt um bezahlbaren Wohnraum kümmern müssen." Dabei gehe es auch um das soziale Gleichgewicht in der Gesellschaft.

Eine flächendeckende und schnelle Umsetzung in allen Landkreisgemeinden beurteilt der Bürgermeister allerdings skeptisch: "29 Gemeinden heißt 29 mal Planungshoheit. Und die werden nicht von heute auf morgen ihre Ortsentwicklung auf den Kopf stellen." In Teilbereichen sei er bereit, in Putzbrunn an solchen schnellen Lösungen mitzuwirken. "Aber Bürokratie und Bürgerbeteiligung dauern ihre Zeit, und diese Prozesse haben wir einzuhalten, auch wenn es pressiert."

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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