Pullach:Surfen auf dem Kirchplatz

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Trotz anders lautender Empfehlungen hält der Pullacher Gemeinderat an mehreren Wlan-Hotspots für die Bürger fest

Von Konstantin Kaip, Pullach

Freies Internet für alle Bürger: Das will der Pullacher Gemeinderat an den zentralen Aufenthaltsorten der Gemeinde künftig anbieten. Im Bürgerhaus, im Rathaus, am Kirchplatz, am Sportheim und den drei Bahnhöfen, so der Gedanke, sollen Hotspots entstehen, in denen man auf Kosten der Kommune über Wlan ins Internet kommt. Wie das ermöglicht werden kann, hat Christoph Reiter im Auftrag der Gemeinde geprüft. Der Fachmann aus Kochel hat seine ersten Ergebnisse kürzlich im Gemeinderat vorgestellt - und geraten, sich auf die Standorte Bürgerhaus und Rathaus zu konzentrieren. Der Gemeinderat tendiert jedoch nach wie vor zur großzügigeren Variante mit mehreren Standorten.

Es sei ein "sozialer Gedanke", den er aufgegriffen habe, sagte Reiter: den Zugang zum Internet "großflächig über Wlan zur Verfügung zu stellen". Reiter, der bereits seit mehr als 20 Jahren für die Gemeinde tätig ist und auch das gemeindliche Netzwerk aufgebaut hat, gab allerdings zu bedenken, dass der Wunsch je nach Standort unterschiedliche Auswirkungen habe und der Nutzen nicht immer im Verhältnis zum Aufwand stehe. So mache das freie Wlan im Bürgerhaus an der Heilmannstraße seinen Ausführungen zufolge "durchaus Sinn", auch wenn die Installation aufgrund der vielen kleinen Räume sehr aufwendig sei. Die Haftungsfrage, wenn etwa ein Jugendlicher kostenpflichtige Angebote herunterlade, sei wohl eher in der Theorie ein Problem. In der Praxis, sagte Reiter, sei noch nie eine Kommune haftbar gemacht worden. Auch im Rathaus sei ein freier Wlan-Zugang eine "ehrenhafte Sache", so kämen beispielsweise ausländische Bürger im Einwohnermeldeamt schnell an zusätzliche Informationen. Technisch, sagte Reiter, sei das Wlan dort auch "kein Problem", zumal sich die IT-Abteilung an der Wartung beteiligen würde.

Anders aber sehe es an öffentlichen, frequentierten Orten wie dem Kirchplatz und den drei Bahnhöfen Pullach, Höllriegelskreuth und Großhesselohe aus. Weil sich praktisch jedes Smartphone und jedes Tablet dann automatisch in das Netz einlogge und Datenmengen wie Fotos synchronisiere, komme das Netz erfahrungsgemäß schnell an seine Grenzen. Ein gutes Beispiel sei der Gardasee. "Dort gibt es überall kostenloses Internet", sagte Reiter. Weil das Netzwerk aber "hoffnungslos überlastet" sei, könne es niemand wirklich nutzen. Zudem bestehe die Gefahr, dass Anwohner, etwa am Kirchplatz, den Zugang dauerhaft nutzen. Ähnliche Probleme sieht Reiter beim Sportheim und schlug daher vor, dass sich der Sportverein um das Netzwerk kümmern, und die Gemeinde einen Zuschuss zahlen solle.

Dem widersprachen jedoch mehrere Gemeinderäte: Die Standorte seien "mit Bedacht gewählt", sagte Andreas Most (CSU). Auch gebe es zahlreiche Gemeinden, in denen die öffentlichen Hot-Spots gut funktionierten, etwa Bordeaux. Reiter habe den "Publikumsverkehr überdimensioniert" angesetzt, vermutete Holger Ptacek (SPD). So gebe es am Kirchplatz "keine Menschenmassen", die das Netz lahm legen könnten. Auch die von Reiter für die Wunschlösung genannten Gesamtkosten von 100 000 bis 150 000 Euro für Installation und fünf Jahre Wartung hielten die Gemeinderäte für verkraftbar.

© SZ vom 27.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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