Pullach:Druschba für alle Zeiten

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Bei den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der Partnerschaft zwischen Pullach und Baryschiwka beschwören die Vertreter beider Gemeinden ihre Freundschaft und bekräftigen den Willen, noch näher zusammenzuwachsen

Von Konstantin Kaip, Pullach

Sprachlich ist es für die Beteiligten immer noch eine Herausforderung, wenn Gäste aus Baryschiwka nach Pullach kommen und umgekehrt. Auch nach 25 Jahren Partnerschaft zwischen den Gemeinden im Isartal und der Ukraine geht ohne Dolmetscher fast nichts. Mindestens ein ukrainisches Wort aber gibt es, dass jeder Pullacher versteht: Druschba, Freundschaft. Es ist sehr oft gefallen, als das Vierteljahrhundert, das die partnerschaftlichen Beziehungen inzwischen überdauern, am Sonntagabend im Pullacher Bürgerhaus mit einem offiziellen Festakt gefeiert wurde. Die politischen Vertreter des Gastlandes machten deutlich, wie wichtig die freundschaftlichen Beziehungen zu Pullach sind, die Baryschiwka nicht nur dringend benötigte Hilfsgüter bescheren, sondern auch die Nähe zu Europa, zu der sie sich angesichts des Krieges in der Ostukraine bekannten.

Im festlich geschmückten großen Saal, den man ins Foyer hinaus geöffnet hatte, begrüßte Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) nicht nur die insgesamt 51 Gäste aus der Ukraine, sondern auch ihre Gastfamilien, bei denen sie die vergangenen Tage verbracht hatten - und zahlreiche Ehrengäste aus der Isartalgemeinde. "Wie wichtig wir Pullacher die Partnerschaft zu Baryschiwka nehmen, zeigt, dass alle vier Altbürgermeister da sind." Tausendfreund erinnerte an den Anfang der Partnerschaft, als die damaligen Bürgermeister Ludwig Weber und Mykola Kovalenko am 30. Januar 1990 den Partnerschaftsvertrag unterzeichneten. Schon Jahre vorher habe es Überlegungen gegeben, die Gemeindepartnerschaft zum französischen Pauillac mit einer "Partnerschaft im Osten zu ergänzen", sagte Tausendfreund. Glasnost, Perestroika und der Atomunfall in Tschernobyl hätten dann zum Entschluss beigetragen, sich der damals noch sowjetischen Ukraine anzunähern.

Dass die Partnerschaft der beiden Gemeinden heute lebendiger sei denn je, liege vor allem am persönlichen Einsatz. "Wir dürfen stolz auf unsere Bürger sein", sagte Tausendfreund mit Blick auf Aktivitäten wie der von Eduard Palik und Ludwig Öttl, die seit mehr als 20 Jahren alte Fahrräder herrichten und in die Partnerstadt schicken. Tausendfreund und ihr ukrainischer Amtskollege Dmytro Sagumennyi waren sich einig, dass die Partnerschaft in Zukunft nicht nur weitergeführt, sondern auch intensiviert werden soll.

Auch Sagumennyi zeigte sich zufrieden mit der Entwicklung der Beziehungen. "Wir sind nicht nur Partner, sondern Freunde geworden", sagte er. "Wir können einander vertrauen, miteinander reden und Projekte angehen, aus denen wirklich etwas wird." Er bedankte sich etwa für den Krankenwagen, den Pullach im vergangenen Jahr gespendet hat. Die Freundschaft zur deutschen Partnergemeinde sei aber auch wichtig, damit "wir mehr von Europa übernehmen können", sagte der Bürgermeister. Alle politischen Vertreter aus der Ukraine erinnerten an den Krieg im Osten ihres Landes, der auch in Baryschiwka zu spüren ist, wo Soldaten behandelt werden und Flüchtlinge eine Bleibe finden. "Wir sind uns sicher, dieser Krieg wird zu Ende gehen, und wir werden eine europäische Nation als Mitglied der EU", sagte Dmytro Khrystyuk, Vertreter der Gebietsadministration Kiew. Vorher hatte er im Saal die ukrainische Nationalhymne angestimmt, die alle Gäste aus der Partnergemeinde mit Hand auf dem Herzen mitgesungen hatten, und dann zu einer Schweigeminute für die Opfer des Krieges aufgerufen.

Ihre Hoffnung auf baldigen Frieden brachten auch der ukrainische Konsul in München, Alexandr Antonitsch, und Susanna Tausendfreund zum Ausdruck. Dass sich diese Hoffnung auch aus der Geschichte der Partnergemeinden nährt, daran erinnerten die Altbürgermeister Weber und Kovalenko, nachdem sie sich ins goldene Buch der Gemeinde Pullach eingetragen hatten: Die Freundschaft beider Gemeinden sei nämlich keineswegs selbstverständlich, wenn man das Unheil bedenke, dass der von Deutschland begonnene Zweite Weltkrieg in Baryschiwka mit mehr als 3000 Opfern angerichtet habe, sagte Weber. Der Höhepunkt der Beziehungen sei daher eigentlich schon vor 14 Jahren erreicht worden, als ein gemeinsames Denkmal für die Kriegsopfer in Baryschiwka errichtet wurde, das heute von Jugendlichen beider Gemeinden gepflegt werde. "Das Trennende verbindet zusehends." Kovalenko erinnerte, dass er seinen Vater im Krieg verloren habe, ein Bruder als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden sei und der andere Bruder sich selbst verstümmelt habe, um nicht abgeholt zu werden. "Unsere Völker haben ihren eigenen Schmerz, aber einen gemeinsamen Wunsch", sagte er. Den hatte Weber zuvor formuliert - mit einem Reim: "Druschba auf allen Seiten, Druschba für alle Zeiten!"

© SZ vom 05.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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