Ottobrunn:Sammler der Augenblicke

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Quint Buchholz lebt seit vielen Jahren in Ottobrunn. Am Mittwochabend war er zu Gast beim Kulturstammtisch. (Foto: Angelika Bardehle)

Der Maler, Illustrator und Autor Quint Buchholz spricht in Ottobrunn über seine Arbeit

Was für Kunst gehalten wird, entscheidet meist der Betrachter. Wie die Kunst realisiert wird, liegt allerdings in der Macht und Fähigkeit des Künstlers. Quint Buchholz hat seine Ausdrucksform gefunden: Langsam und präzise, mit feinen Pinselstrichen und viel Zeit widmet er sich seinen Werken. Er sei leise unterwegs, denn vorgeben, was die Betrachter auf seinen Bildern sehen, will der Maler und Buchautor, der seit vielen Jahren in Ottobrunn wohnt, nicht. Das Besondere liege doch gerade darin, dass zehn Menschen zehn verschiedene Geschichten in einem Bild sehen können.

Über sein Vertrauen in das Leben, die Liebe zu Tieren und über die Grenzen des Unmöglichen in der Kunst sprach Buchholz am Mittwochabend mit der Journalistin Ruth Eder beim Ottobrunner Kulturstammtisch. "Wer in der Malerei nur will oder sucht, was er sich wünscht, wird niemals etwas finden, was seine Vorliebe überschreitet", zitiert Buchholz den belgischen Maler René Magritte. Ausprobieren müsse man, und hartnäckig sein, das Scheitern gehöre auch dazu.

Die Worte aus dem Mund des Mannes mit der unglaublich ruhigen Stimme schenken Hoffnung. Buchholz hat bereits im Kindesalter mit dem Malen begonnen, gab trotz schlechter Noten in Kunst die Hoffnung und das Vertrauen in sich selbst nicht auf. Durch seinen älteren Bruder bestärkt, studierte er zunächst Kunstgeschichte, dann Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in München, um danach als freier Illustrator zu arbeiten. Der Durchbruch gelang Buchholz 1993 mit der Gestaltung des Buchcovers zu "Sophies Welt": eine Weltkugel, die durchs All schwebt. Ein Bild, das nicht durch schrille Farbenpracht oder komplexe Komposition auffällt, sondern durch eine simple Motivauswahl, die es allerdings schafft, den Betrachter in das Bild zu ziehen.

Seine Bilder sind oft magisch-realistisch, berührend poetisch: Die Frau, die in einem Buch liegt und schläft, der Junge, der das Buch als Fernrohr verwendet, ein Mann, der eine Rolle vorwärts macht, während ein Pinguin mit ihm auf dem Boot steht. Und immerzu gedeckte Blautöne, die für eine kraftvolle Ruhe in seinen Bildern sorgen. Sie regen zum Nachdenken an, nehmen mit auf eine magische Reise und versetzen den Betrachter ins Staunen.

Aus einfachen Symbolen schafft Buchholz, der Picassos Werke inspirierend findet, eine fantasiereiche Geschichte. Wasser, Tiere, Männer und Fenster sind wiederkehrende Motive. "Mit demselben Gegenstand können andere Geschichten erzählt werden", begründet er seine Auswahl. Er sehe sich auch als Erzähler.

Der Drang auch eigene, kleine Plots zu seinen Bildern zu schreiben, führte zu Buchprojekten wie "Schlaf gut, kleiner Bär" und "Sammler der Augenblicke". Letztgenanntes Werk schaffte es in einer Inszenierung des ebenfalls lange in Ottobrunn lebenden Regisseurs Jochen Schölch auf die Theaterbühne. Ein Sammler der Augenblicke, das ist auch Buchholz: Er besitzt eine Mappe von Mondfotografien, denn etwas aus dem Kopf heraus malen, sei nicht sein Ziel. Daher fotografiere er in einem ersten Schritt seine Motive. Dann erst setzt er sich an die Staffelei, um in seinem Atelier in Haidhausen ein Bild und damit mindestens eine Geschichte zu zaubern.

© SZ vom 18.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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