Ottobrunn:Mit Schenkelklopfer zum Favoriten

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Osan Yaran gewann die Zustimmung des Ottobrunner Publikums schon mit seinen ersten Sätzen. (Foto: Claus Schunk)

Osan Yaran und Nora Boeckler gewinnen den 17. Amici Artium Kabarett Wettbewerb

Von Franziska Gerlach, Ottobrunn

Manchmal sind sie ganz schön leicht zu haben, die Ottobrunner. Osan Yaran jedenfalls knackt sie am Samstagabend mit nur einer Frage, und zwar: Wie viele Menschen denn eigentlich in Ottobrunn lebten? "21 000", ruft einer aus dem Publikum. "Ehrlich?", ruft der Comedian im grauen Sweatshirt von der Bühne im Wolf Ferrari Haus zurück. "Ich bin Berliner Türke. Da habe ich mehr Verwandte." Gelächter, Schenkelklopfer, Stimmung. Von diesem Moment kennt der Auftritt des Deutschtürken beim 17. Amici Artium Kabarett Wettbewerb nur noch eine Richtung: die aufs Siegertreppchen.

Es soll dann sogar der erste Platz für Yaran werden, sowohl das Publikum als auch die dreiköpfige Jury bestimmten den Berliner zu ihrem Favoriten. Allerdings, und das sei in all den Jahren noch nie vorgekommen, wie Bernd Seidel, Initiator des renommierten Wettbewerbes, dem Publikum nach drei sehr lustigen Stunden sagte, gebe es diesmal noch einen zweiten ersten Preis, "punktgleich!", und der ging an Nora Boeckler aus Köln. Und noch etwas war in diesem Jahr anders: Statt sechs traten sieben Acts im Wolf Ferrari Haus auf, die besten aus mehr als 80 Bewerbungen. "Man zieht sich so viel Mist rein im Laufe der Zeit", befand Seidel. "Warum also nicht 15 Minuten extra Comedy, wenn' s gut ist?"

Und gut war das, was den Ottobrunnern an diesem Abend geboten wurde, ganz ohne Zweifel, auch wenn die scharfen Zungen politischer Kabarettisten fehlten. Lediglich der bayerischen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wurde bisweilen abgewatscht, allerdings eher auf die sanfte Tour. Bumillo aus München zum Beispiel, der eigentlich Christian Bumeder heißt und auf der Bühne unumwunden vor sich hinbaierte, verarbeitete nicht nur den Seehofer-Spruch "Bayern ist die Vorstufe zum Paradies" in einem Rapsong. Der Künstler, der 2009 deutscher Poetry Slam Meister war, hatte sich auch angesehen, was die CSU so ins Netz stellt - und war dabei auf ein Video gestoßen, das den Ministerpräsidenten umgeben von einem Laib Brot und Äpfelschnitzen zeigt. Tja, und da aufgeschnittene Äpfel nun einmal immer brauner werden, je länger sie sich an der Luft befinden, konnte Bumillo freudig anmerken: "Dass die CSU auf Youtube so ein subtiles Zeichen für die eigene Politik versteckt hat, das finde ich super."

Politischer sollte es aber nicht werden an diesem Abend. Dafür umso spaßiger: Ein merklicher Ausreißer nach unten ließ sich nicht ausmachen. Allerdings hatte man die überlastete Mutter und Ehefrau, die Stefani Kunkel aus Frankfurt gab, dann doch schon gesehen. Fazit des Wettbewerbs: In der kreativen Aufbereitung ihres Bühnenprogramms unterschieden sich die Künstler nach Ansicht der Jury doch voneinander, und die Abstimmung wäre wohl anders ausgefallen, wenn das junge Münchner Duo "Beier & Hang", das in Ottobrunn auf einem der hinteren Plätze landete, vor studentischem Publikum aufgetreten wäre. Denn Max Beier und David Hang zeichneten nicht nur ein differenziertes Porträt eines Studenten-Typus, der mit dem Festlegen auf einen Beruf so seine Probleme hat. Ihre Einlage traf auch sprachlich den Nerv der Zeit. Ausgeklügelte Wortspiele gab es zur Genüge, und als sich Beier und Hang schließlich über Goethe und den dritten Teil eines Filmes witzelten, da wusste man auch, wo man den Slang der inszenierten Bildungsferne bereits einmal gehört hatte: "Fack Ju Göthe". Der Erfolg der Kino-Trilogie scheint auf die deutsche Comedy-Szene abgefärbt zu haben, dieser Gedanke verfestigte sich bei Boeckler, die versiert Patientencharaktere mimte, etwa einen schwangeren Teenager, der sich "ein Delfin-Baby" wünscht, weil das Sozialamt dann ja sicher Kohle für einen Swimmingpool locker machen müsse. Sehr nice, Alter.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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