Ottobrunn:Bewusst einkaufen ohne Bürokratie

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Die Ottobrunner Gemeinderäte bekennen sich zur Fair-Trade-Idee. Sie scheuen aber den Aufwand, der mit einer offiziellen Zertifizierung verbunden wäre

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Eigentlich ist Ottobrunn bereits seit den Achtzigerjahren eine Fair-Trade-Gemeinde. Zumindest zwei Mal in der Woche, wenn der Eine-Welt-Laden in den Räumen der Pfarrei St. Magdalena seine Pforten öffnet. "In Ottobrunn sind wir bei dem Thema eigentlich schon sehr weit", sagt die ÖDP-Gemeinderätin Elisabeth Eckerskorn, die sich auch im Laden der Pfarrei engagiert und nun das Konzept auf die gesamte Gemeinde ausweiten will.

Eckerskorn hat mit ihrer Fraktion - der Gemeinschaft aus Grünen und ÖDP - einen Antrag im Gemeinderat eingebracht: Ottobrunn soll Partner von Fairtrade Deutschland werden und sich ganz offiziell "Fairtrade-Gemeinde" nennen dürfen. Zwar bekannten sich die Mitglieder des Hauptausschusses in ihrer jüngsten Sitzung grundsätzlich zu den Zielen von Fairtrade - einen möglichen Beschluss aber vertagten sie auf die Gemeinderatssitzung am 25. Juli. Bürgermeister Thomas Loderer (CSU), seine Verwaltung und auch die Gemeinderäte machten deutlich, dass sie den Aufwand scheuen, der mit einer solchen Kooperation verbunden wäre. "Wir sind ja grundsätzlich für Fair Trade", sagt Susanne Vordermeier (CSU). "Da sind sich auch alle einig. Aber wir müssen noch ausdiskutieren, welchen Weg wir gehen wollen." Zum Antrag von Grünen und ÖDP sagt SPD-Fraktionschefin Ruth Markwart-Kunas: "Da hätte es nur zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder wir stimmen mit allen Bedingungen zu oder wir lehnen den Antrag konsequenterweise komplett ab. Beides wollten wir nicht."

Transfair, die mit Kommunen kooperierende Institution, ist ein gemeinnütziger Verein, der benachteiligte Produzentengruppen wie Kleinbauern und Plantagenarbeiter in Entwicklungsländern unterstützt. Der Verein handelt nicht selbst mit Waren, sondern vergibt das sogenannte Fairtrade-Siegel, mit dem auch das Bewusstsein für fair gehandelte Waren geschärft werden soll. Die Gemeinden, die eine Zusammenarbeit mit dem Verein eingehen, sollen in allen ihnen möglichen Bereichen selbst auf Fair Trade umstellen. Vereine und Formen unterstützen und beraten, Initiativen und Ideen bündeln - und natürlich Vorbild für die Bürger sein. Im Landkreis sind mittlerweile Pullach, Gräfelfing, Unterschleißheim und Neubiberg Fairtrade-Gemeinden. Ein entsprechender Antrag der Grünen-Kreistagsfraktion, der Landkreis solle sich ebenfalls um die Mitgliedschaft bewerben, scheiterte unlängst im Umweltausschuss. Mittlerweile aber liegen weitere Anträge der Grünen und auch der Freien Wähler vor, um noch einmal einen entsprechenden Versuch zu wagen.

Die Ottobrunner Verwaltung und Rathauschef Loderer warnten die eigenen Gemeinderäte indes vor zu viel Bürokratie. Und tatsächlich, das sagt auch Antragstellerin Eckerskorn, sei mit der Fairtrade-Kooperation ein gewisser Aufwand verbunden. "Ich kann das schon verstehen", sagt die ÖDP-Gemeinderätin. "Neubiberg hat hierfür extra eine Angestellte abgestellt. Dort gibt es auch einen unglaublich aktiven Steuerungskreis. Die Strukturen haben wir noch nicht." Sollte der Gemeinderat entscheiden, das Siegel nicht erwerben zu wollen, könne er dennoch viel bewegen, sagt Eckerskorn: "Das geht bei kleinen Dingen los. Fair gehandelter Kaffee im Rathaus, faire Präsentkörbe. Vielleicht ein neues Café in der Bücherei." Es gehe um die Idee hinter dem Projekt, sagt die ÖDP-Gemeinderätin: "Und um drei Gedanken: Bio, fair, regional." Schließlich vereine Fair Trade zwei Ideen: Benachteiligte Kleinbauern in Entwicklungsländer zu unterstützen - und regionale Produkte zu fördern.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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