Ottobrunn:Auf großer Mission

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Im Raumfahrtzentrum der IABG in Ottobrunn werden die Zwillingssatelliten "Grace-Fo" vor ihrem Abflug ins All präsentiert. (Foto: Claus Schunk)

Nach einjähriger Testphase werden Zwillingssatelliten ins All geschickt

Von Selina Bettendorf, Ottobrunn

Mitten in Ottobrunn werden zwei jeweils 650 Kilo schwere Satelliten durchgeschüttelt. Nach gut zwei Minuten ist der Spuk schon vorbei. Doch das ist noch nicht alles. Die Satelliten werden einer Temperatur von 185 Grad Celsius ausgesetzt und einer Lärmbeschallung von 139 Dezibel. Die Mitarbeiter, die in den riesigen Lagerhallen herumwuseln, tragen grüne Mäntel und blaue Kopf- und Schuhüberzieher. Alles muss sauber sein und nichts sollte schiefgehen, Deutschland hat in dieses Projekt knapp 78 Millionen Euro investiert.

Die Vorbereitungen sind notwendig, denn die Zwillingssatelliten sollen ins All geschossen werden und mehrere Jahre lang wissenschaftliche Daten über den Zustand der Erde liefern. Die Mission heißt "Grace - Follow on", weil bereits im Jahr 2002 der erste Satellit auf Grace-Mission geschickt wurde und das erfolgreiche Projekt jetzt fortgesetzt und technisch erweitert wird. Mit den Tests in Ottobrunn wollen die Mitarbeiter die Startsituation der Satelliten simulieren und herausfinden, ob die sensiblen High-Tech-Geräte all den extremen Herausforderungen im All gewachsen sind.

Verantwortlich für die Testphase ist Uwe Bertram vom Raumfahrtzentrum der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG) in Ottobrunn: "Ich bin schon ein bisschen nervös vor dem Start. Ich habe mich damit identifiziert und da hängt viel Herzblut dran, weil ich das Projekt ein Jahr lang begleitet habe." 15 bis 20 Mitarbeiter nahmen das Jahr über verschiedene Tests vor, nun ist das Ende in Sicht. Am Freitag wurden die Satelliten der Presse präsentiert. In einem Monat werden sie auf die große Reise geschickt.

Dafür werden sie zunächst in Lkw verfrachtet und zum Münchner Flughafen transportiert. Dort ist ein eigenes Flugzeug gechartert. Denn zusammen mit den ganzen Hilfsutensilien, die für den Start benötigt werden, wiegt das Material knapp 40 Tonnen. Hier endet die Arbeit der Ottobrunner Kollegen und sie übergeben an die Mitarbeiter in den USA. In Kalifornien werden die Zwillingssatelliten entgegengenommen, aufgebaut, gelagert und startklar gemacht für März 2018. Dann werden sie ins All geschossen, um im Abstand von 220 Kilometern - das ist etwa so weit wie von München nach Stuttgart - regelmäßig Daten zu liefern. In einer Höhe von 490 Kilometern umrunden sie fünf Jahre lang die Erde und senden fortlaufend Informationen. Schon 30 Minuten nach dem Start am 21. März 2018 soll es die ersten Daten geben, nach etwa sechs Monaten gibt es auswertbare Informationen.

Dabei werden zeitliche Veränderungen des Erdschwerefeldes bestimmt. Dadurch kann dann berechnet werden, wie sehr sich die Erde durch den Klimawandel verändert, da man zum Beispiel das Abschmelzen polarer Eismassen messen kann. Die Grace-Mission ist laut Projektleiter Frank Flechtner der erste Satellit, der im Auftrag der Nasa in Deutschland gebaut wurde. Die Produktion erfolgte in Friedrichshafen, die Testphase in Ottobrunn. Das gesamte Projekt ist eine Partnerschaft zwischen dem "Jet Propulsion Laboratory" der Weltraumorganisation Nasa und dem Potsdamer Deutschen Geo-Forschungszentrum.

Für Uwe Bertram geht es nach den Satellitentests weiter zum nächsten Projekt, es werden weitere Satelliten für die Raumfahrt getestet. Wer sich für das Thema interessiert, kann beim nächsten Tag der offenen Tür einen Blick in das Raumfahrttestzentrum werfen oder sich gleich auf eine der offenen Stellen bewerben. Derweil reist die Grace-Fo weiter im All und wird alle Herausforderungen überstehen - das haben zumindest die Tests in Ottobrunn so bestätigt.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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