Die Grünen leben derzeit im politischen Paradies. Die Umfragen verheißen Traumergebnisse, und weil sie nur in wenigen Regierungen vertreten sind, stoßen sich grüne Verheißungen nur selten mit der politischen Realität. Was wiederum die Umfragen nach oben treibt.
Unter dem weiten grünen Mantel hat alles Mögliche Platz. Für die Bahn, aber gegen Stuttgart 21, zum Beispiel. Fast scheint es, als ob die Grünen das jahrzehntelange Erfolgsrezept der CSU kopieren möchten: Gleichzeitig dafür und dagegen zu sein und die Widersprüche mit reichlich Chuzpe zu bemänteln.
In München sind die Grünen sowohl für als auch gegen Olympia; sie wollen sowohl ihre olympiakritische Basis besänftigen als auch die rot-grüne Koalition erhalten und deshalb im Stadtrat mit der SPD für Olympia stimmen. Das hat mit Chuzpe nichts mehr zu tun, das ist politisch verlogen.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Grünen zwar die Früchte der Macht genießen, dafür aber keinerlei Unbequemlichkeiten auf sich nehmen wollen. Dazu würde nämlich gehören, auch Entscheidungen mitzutragen, wenn sie bei der eigenen Klientel unpopulär oder erklärungsbedürftig sind.
In Sachen Olympia ist die Praxis der Grünen geradezu absurd. Sie haben sowohl den Koalitionsvertrag gebilligt, in dem die Olympiapläne enthalten sind, als auch über ihre Haltung zu dem Projekt schon einmal abgestimmt. Das sollte demokratische Legitimation genug sein.
Die Olympia-Befürworter in der Stadtratsfraktion haben es versäumt, energisch für ihre Position zu kämpfen und der eigenen Basis deutlich zu machen, was auf dem Spiel steht: der Bruch der Koalition. Er würde dafür sorgen, dass aus grünen Träumen für lange Zeit keine Realitäten werden könnten. Den grünen Anti-Olympia-Ideologen mag das egal sein, dem Großteil der Grünen-Wähler aber vermutlich nicht.