Oberschleißheim:Barockes Freudenfest

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Die Kutschengala bei Schloss Schleißheim wird diesmal wie zu Zeiten Max Emanuels gefeiert - mit authentischen Kostümen, Speisen und Musikstücken

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Schleißheim war immer schon Bühne. Die Anlage des gesamten Ensembles war die Kulisse für das ehrgeizige Unternehmen des Kurfürsten Max Emanuel, für seine Dynastie eine Königs- und langfristig wohl auch die Kaiserkrone zu erlangen. Und im Alltagsleben des Hofes war die Inszenierung des Herrschers wesentlicher Bestandteil der Staatsführung. Festivitäten und Lustbarkeiten waren dabei eine unentbehrliche Facette. Eine Ahnung von dieser höfischen Barockkultur Bayerns soll künftig dauerhaft in Schleißheim vermittelt werden.

Absolute Detailtreue: Kostüme, Musik und selbst die Speisen werden den überlieferungen nachempfunden. (Foto: Florian Peljak)

Bei der Reit- und Kutschengala im Schlosspark am Sonntag, 3. September, wird es heuer eine Versuchsausgabe eines Barockfests geben, das im Erfolgsfall in erweiterter Form als "Churbayerisches Freudenfest" in den jährlichen Veranstaltungskalender eingehen soll.

"Auf den Wiesen und Kanälen des Schlossparks werden Jagd- und Reitkunst, Fischerei und Gondelregatten, venezianische Maskeraden, Tanz und Musik, Militärparaden und Feuerwerk und nicht zuletzt kulinarische Genüsse nach originalen Rezepten geboten", versprechen die Veranstalter, und damit "ein barockes Gesamtkunstwerk für alle Sinne, ein Erlebnis, das traumhaft in die Welt vor 300 Jahren eintauchen lässt." Initiator und Motor ist der Experimentalhistoriker Marcus Junkelmann, der im Schloss Lustheim aufgewachsen ist, über Max Emanuel promoviert hat und Hauptautor der 2010er Oberschleißheimer Gemeindechronik war.

"Mit keiner Epoche identifiziert sich Bayern so sehr wie mit dem Barock", sagt Junkelmann, "und daher ist es eine geradezu unglaubliche Lücke, dass es noch keine geeignete dramatische und sinnliche Präsentation der höfischen Barockkultur Bayerns in diesem Rahmen gibt, der sich in geradezu idealer Weise für eine solche Inszenierung anbietet." Mit der Nachempfindung der Feierlichkeiten zum Geburtstag Max Emanuels in dessen Jubiläumsjahr 2012 und einer Inszenierung lebender Bilder zu den Schlössertagen 2015 hatte Junkelmann schon erste Prologe gestartet. Bislang verzögerte sich das "Freudenfest" vor allem wegen Organisation und Finanzierung. "So authentisch das Ambiente ist, so authentisch muss auch die Inszenierung sein", fordert Junkelmann, "hier dürfen nicht die üblichen Kompromisse diverser ,historischer' Feste und Märkte geschlossen werden." Kostüme, Requisiten, Musik, der Ablauf der einzelnen Programmpunkte, Speisen und Getränke, alles wird in absoluter Treue zu den überlieferten Originalvorlagen vorgeführt. "Konzeption und Durchführung des Churbayerischen Freudenfestes sind den höchsten Ansprüchen konsequenter Geschichtsdarstellung verpflichtet", versichert Junkelmann. So gebe es "nicht eine Art barockes Oktoberfest", vielmehr werde "der festliche und unterhaltsame Charakter mit einem vielseitigen hochkarätigen kulturellen Angebot zu großem historischen Theater verbunden".

Wie schon in den vergangenen Jahren werden auch diesmal am Wochenende wieder zahlreiche Reiter und Kutschen zu bewundern sein. (Foto: Catherina Hess)

Unter anderem über Crowdfunding und wie immer bei seinen Herzensprojekten mit großen Eigenmitteln hat Junkelmann nun den Prototyp gestemmt. Von 14 bis 19.30 Uhr gibt es am Rande der jährlichen Reit- und Kutschengala am 3. September nun Musik, Tanz und Mode des Barock im Neuen Schloss mit der Gruppe "La Danza" um Jadwiga Nowaczek und dem Ensemble des Barockmusikers Jakob Rattinger. Gleichzeitig findet im nordöstlichen Parkrondell eine Bauernwirtschaft mit Marsch- und Volksmusik der "Wittelsbacher Turmpfeiffer" und Verkaufsständen statt. Dort kann man bereits Masken für das abendliche venezianische Fest am Mittelkanal erwerben. Vorgestellt werden dabei auch zwei markante Speisetiere der höfischen Gewässer, der Biber und der Karpfen. Der Tourismusverein Schleißheim stellt seinen neuen "Schleißheimer Käß auf Parmasanart" vor, für den die Schwaige Schleißheim dereinst berühmt war.

In der nördlichen Schlossallee exerzieren Soldaten des kurbayerischen Leibregiments und einer königlich-französischen Gardeeinheit, die aus Mailand anreist. Die Gruppe "Timetrotter" zeigt dort von 17.30 Uhr an Reiterspiele einschließlich eines Fastnachtsturniers, das im Turnierbuch des Kronprinzen Karl Albrecht von 1721 samt Musik überliefert worden ist. Zwischen 20 und 21 Uhr findet dann am Mittelkanal der abschließende Höhepunkt statt. Bei Fackelschein säumen venezianische Maskenträger das Gewässer, eine schwimmende Burg wird mit einer Gondelattacke unter Kanonen- und Musketenfeuer zur Explosion gebracht, womit das große Feuerwerk ausgelöst wird.

"Max Emanuel und der Rahmen, in dem er agierte, waren geprägt vom Theater und Theatralischen", schildert Junkelmann, "fast 46 Jahre lang spielte er auf den verschiedenen Ebenen des barocken Welttheaters mit größtem Einsatz eine aktive Rolle." In seiner Person seien "Realität und Theater bis zur Ununterscheidbarkeit ineinander übergegangen". Triumphe und Katastrophen des Herrschers seien vergangen wie seine Schulden, "geblieben ist aber ein glanzvolles kulturelles Erbe".

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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