Oberhaching/Unterschleißheim:Alles riskiert

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Mutig: Katharina Fuchs und Markus Lochner erhalten für ihren Einsatz die Rettungsmedaille von Ministerpräsident Horst Seehofer. (Foto: Bayerische Staatskanzlei)

Ministerpräsident Seehofer zeichnet sieben Menschen aus dem Landkreis München aus, die für das Leben anderer ihr eigenes aufs Spiel gesetzt haben.

Von Christina Hertel, Oberhaching/Unterschleißheim

Alicante, Spanien. Die Wellen sind höher als sonst. Es ist windig, aber trotzdem heiß, selbst an diesem Oktobertag noch. Katharina Fuchs und ihr Freund Markus Lochner wollen sich abkühlen. Die beiden Oberhachinger laufen zum Meer, da hören sie ein leises Hilfe-Rufen. Ein älteres Ehepaar ist in eine Strömung geraten, ohne fremde Hilfe können sich die beiden nicht befreien. Fuchs und Lochner kennen die Stelle, sie wissen, wie schwierig es sein kann, sich herauszukämpfen. Trotzdem zögern sie nicht und schwimmen hinaus. Zuerst packen sie die Frau - einer links, einer rechts. "Sie war völlig außer Atem, komplett kraftlos und panisch", erzählt Fuchs. Dann helfen sie dem Mann. Eigentlich sind sie nur ein paar Meter vom Ufer entfernt, doch die Rettungsaktion dauert eine Viertelstunde. Danach: komplette Erschöpfung.

Sie waren nicht allein am Strand

Für ihren Einsatz haben die 22-jährige Polizistin und der 26-jährige IT-Fachmann am Mittwoch die Bayerische Rettungsmedaille erhalten. Die Auszeichnung wird seit mehr als 60 Jahren an Menschen verliehen, die ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen, um anderen zu helfen. Selbstverständlich ist das nicht. In Alicante waren Fuchs und Lochner nicht allein am Strand, aber sie waren die einzigen, die dem Ehepaar zur Hilfe kamen - obwohl die Situation auch für sie selbst nicht ungefährlich war. "Allein hätte ich es bestimmt nicht geschafft, sie zu retten", sagt Katharina Fuchs.

Insgesamt verlieh Ministerpräsident Horst Seehofer Rettungsmedaillen an 87 Personen aus dem Freistaat, unter ihnen sieben aus dem Landkreis München. Der 77-jährige Manfred Arlt aus Pullach erhielt mit 46 anderen die Christophorus-Medaille. Diese bekommen Leute, die zwar ohne unmittelbare Lebensgefahr, aber unter besonders schwierigen Umständen Menschen geholfen haben.

Die beiden Männer tauchten nach den Vermissten

Zu den Lebensrettern, die von Seehofer ausgezeichnet wurden, gehören auch Norbert Freisleben und Michael Hellinger. Die beiden Männer zogen vor zwei Jahren drei Menschen aus dem Unterschleißheimer See. Niemand von den drei zunächst Geretteten konnte schwimmen, nur einer von ihnen überlebte am Ende. Hellinger, der Mitglied bei der Wasserwacht ist, war bloß für Wartungsarbeiten an den See gekommen. Es ist bewölkt, kein Badetag. Deshalb ist die Wasserwacht nicht besetzt. Doch dann hört Hellinger Schreie. Als er am Ufer ankommt, trifft er auf Norbert Freisleben, der bereits einen Mann aus dem Wasser zieht. Es ist nicht der einzige: Ein Mann und eine Frau sind noch im See. Das erzählt ein Badegast. Hellinger und Freisleben können aber niemanden sehen. Die Vermissten sind bereits untergangen.

Die beiden Männer tauchen nach ihnen. Zweimal, dreimal, aber sie sehen nichts. Das Wasser ist zu trüb. Dann, beim vierten Mal, erkennt Hellinger am Grund einen weißen Fleck. Er holt noch einmal tief Luft und taucht fünf Meter tief ins Wasser. Zwischen Gras und Schilf stößt er auf einen Körper. Hellinger zieht ihn nach oben. Auf der Wiese reanimiert er den Mann, nach fünf Minuten kommen Notarzt, Rettungshubschrauber, Polizei, Feuerwehr. Erst später ziehen Taucher der Feuerwehr die Frau ans Ufer. Sie lag in neun Metern Tiefe und stirbt noch auf dem Weg ins Krankenhaus, der Mann Monate später an den Folgen des Unfalls. Wie genau die drei in die Situation gerieten, weiß Hellinger nicht. "Aber offenbar konnte niemand schwimmen."

Rettung am Heimstettener See

Weitere Lebensretter aus dem Landkreis, die ausgezeichnet wurden, sind Michael Dräger aus Gräfelfing, der einen Mann aus einer brennenden Wohnung befreite, der 17-jährige Florian Schmidt aus Neubiberg, der einen desorientierten Mann von einem Abstellgleis rettete, und Marco Richter. Der 18-jährige Schüler aus Kirchheim zog bei Dunkelheit allein eine Frau aus dem Heimstettener See, die hundert Meter vom Ufer entfernt bewusstlos im Wasser trieb.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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