Oberhaching:Zauber in Wort und Klang

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Dreitägiges Musikfestival in Oberhaching widmet sich Thomas Mann, Räuber Hotzenplotz und Folk-Jazz

Von Udo Watter, Oberhaching

Ein gepflegtes Erscheinungsbild und tadelloses Auftreten waren dem Herrn Dichterfürsten schon wichtig: "Man ist als Künstler innerlich Abenteurer genug. Äußerlich soll man sich gut anziehen, zum Teufel, und sich benehmen wie ein anständiger Mensch", lässt Thomas Mann den Tonio Kröger in seiner gleichnamigen Novelle sagen. Man darf das durchaus autobigrafisch auffassen. Der stets seriös gewandete Literaturnobelpreisträger von 1929 befand sich ja lange im Spannungsfeld zwischen Künstlertum und Bürgertum, hat so manch innere Leidenschaft verborgen, sehnte sich dann wieder nach den "Wonnen der Gewöhnlichkeit" und nahm nach außen hin die Rolle als repräsentativer Großschriftsteller ein.

Aber nicht nur er, das "Zentralgestirn" der Familie Mann, sondern auch seine Frau Katia, der Bruder Heinrich, oder die zahlreichen Töchter und Söhne waren schillernde und teils schwierige Figuren, die auf je eigene, exemplarische Art und Weise durch die kontroversen Kapitel deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts wandelten. Über diese "sonderbare Familie" (Klaus Mann) wurden Bücher geschrieben und erfolgreiche Fernsehfilme gemacht, auch deshalb, weil sie soviel an persönlichem literarischem Material hinterlassen hat, das tiefe Einblicke hinter die öffentliche Fassade erlaubte.

"Im Banne des Zauberers - Thomas Mann und seine Familie" heißt die musikalische Lesung, mit der am Freitag, 27. Januar, in Oberhaching das dreitägige "Festival für Kammermusik, Literatur und Weltmusik" eröffnet wird. In ihr nähern sich die Schauspieler Leslie Malton und Felix von Manteuffel der Figur Thomas Mann anhand von Tagebüchern, Briefen und weiteren Texten. Dabei spielen auch die unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Blickwinkel seiner Gattin und seiner sechs Kinder eine maßgebliche Rolle. "Zauberer" war übrigens nur einer von vielen Spitznamen des Verfassers der "Buddenbrooks": Katia etwa wählte als Anrede für ihn auch Reh, Rehherz, Lamm und Lämmlein und überhaupt gab es im Mann'schen Sprachkosmos eine Vielzahl an Kose- und Spitznamen: etwa Mädi oder Schnurrlika für Elisabeth, Gölchen für Golo, oder Frau Schatz für Erika und Häsin für Katia. Für die musikalische Umrahmung des Abends zeichnet das Valentin-Klavier-Quartett mit Festivalleiterin Isabel Lhotzky verantwortlich, das Werke spielt, die der Musik-Liebhaber Thomas Mann schätzte: von Wagner und Mahler über Richard Strauss und Strawinsky bis hin zu Schuman.

Anders als die gebürtige US-Amerikanerin Leslie Malton und der mit ihr verheiratete Grimme-Preisträger Manteuffel, die in Deutschland populäre Theater- und Fernsehschauspieler sind, hält sich der Bekanntheitsgrad der dänischen Musiker Helene Blum, Harald Haugaard und Christoffer Møller hierzulande noch in Grenzen. Lhotzky, die das dänische Musiker-Trio für das sonntägliche Konzert (29. Januar) des Festivals engagiert hat, schwärmt freilich: "In Dänemark sind sie richtige Stars. Sie alle haben ihren Ursprung in der Klassik, schöpfen aber auch aus dem Fundus der skandinavischen Volksmusik und ein Hauch Pop und Jazz ist auch dabei."

In der Tat dürfte der Sonntagabend im Bürgersaal beim Forstner ein ungewöhnliches Hörerlebnis zutage fördern. Blum ist eine Sängerin mit kristallklarem, transparentem Timbre, ihre Stimme entfaltet eine zart-magische Ausdruckskraft, etwa wenn sie melancholisch-poetische Lieder singt, die zwischen nordischer Folklore und Pop changieren. Der Geiger Harald Haugaard hat bereits zwölfmal den Dänischen Musikpreis gewonnen und gilt als virtuoser Musiker mit ganz eigenem Stil. Unter anderem kombiniert er die Melodien alter Balladen mit virtuosen Kabinettstückchen. Blum & Haugaard sind ein in Skandinavien erfolgreiches Duo, das aber auch in Deutschland schon eine kleine Fangemeinde hat.

In Oberhaching werden sie von dem dänischen Pianisten Christoffer Møller unterstützt, der zu den gefragtesten Jazz-Musikern des Landes zählt. "Zusammen sind sie nur selten zu erleben", erklärt Lhotzky. Ihre Intention, spannende, ungewöhnliche Klangkünstler in die Gemeinde zu holen und damit dem Aspekt "Weltmusik" des Festivals gerecht zu werden, hat sie auf die Spur der Skandinavier gebracht. Das Konzert unter der Maxime "Voice and strings across the ocean" beginnt um 17 Uhr.

Zwischen den beiden Hauptacts am Freitag und Sonntag, gibt es am Samstag, 28. Januar, noch eine Nachmittags-Veranstaltung im Bürgersaal, vornehmlich für Kinder: Felix von Manteuffel, der lange zum Ensemble der Münchner Kammerspiele gehörte, aber auch mit häufigen Fernsehauftritten, etwa beim Tatort, einem größeren Publikum bekannt ist, wird Otfried Preußlers Kinderbuchklassiker "Der Räuber Hotzenplotz" präsentieren. Dazu gibt es Musik und Zauberei mit Protagonisten des HR-Sinfonieorchesters. Die Vorstellung für Kinder ab fünf Jahren beginnt um 16 Uhr. Karten kosten für Kinder vier, für Erwachsene fünf Euro.

Tickets für die musikalische Thomas-Mann-Lesung, die federführend von Oberhachings Kulturamtsleiterin Eva Hofmann konzipiert wurde, gibt es freilich nicht mehr viele, wer der Hommage an den Dichterfürsten und inneren Abenteurer lauschen will, sollte sich also sputen.

Die Lesung am Freitag, 27. Januar, beginnt um 20, das Konzert am Sonntag um 17 Uhr, die Kinder-Vorstellung am Samstag um 16 Uhr. Der Vorverkauf läuft über www.oberhaching.de und Reservix

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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