Oberhaching:Schmerzende Füße und Unterzucker

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Tania Reisinger, Björn Bores, Gabriel Bücherl, Stefan Eichhorn (v. l.). (Foto: privat)

Ehrenamtliche Helfer vom Bayerischen Roten Kreuz aus Deisenhofen begleiteten einen Flüchtlingszug

Von Benjamin Köster, Oberhaching

460 Flüchtlinge, 120 davon Kinder, befanden sich im Sonderzug, der in der Nacht vom 22. auf den 23. Dezember quer durch Deutschland, von Passau nach Hannover, gefahren ist. Mit an Bord: Ehrenamtliche Helfer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) aus Deisenhofen.

Seit Herbst fahren Sonderzüge der Deutschen Bahn täglich durch ganz Deutschland, um Flüchtlinge aus den Grenzregionen in die Erstaufnahmeeinrichtungen der verschiedenen Bundesländer zu bringen. Um die Versorgung bei medizinischen Notfällen sicherzustellen, fährt immer auch ein Team einer Hilfsorganisation mit. "Im September lief das alles noch ziemlich spontan", erzählt Gabriel Bücherl. "Mittlerweile gibt es eine Koordinierungsstelle, die das alles plant." Bücherl engagiert sich beim BRK und hat mit drei Kollegen den Flüchtlingszug begleitet. "Man meldet sich sozusagen mit seinem Team an, am Freitag haben wir dann erfahren, dass wir für Dienstag eingeplant sind." Danach hieß es dann Material checken, für Proviant sorgen und letzte Einsatzbesprechungen durchführen. "Es gibt gewisse Handlungsanweisungen", erklärt Bücherl. Zum Beispiel sollen die Helfer sich nur mit Begleitung durch den Sicherheitsdienst im Zug bewegen. "Aber wir haben gesagt: Nein", so Bücherl. "Das ist einfach nicht das Bild, das wir vermitteln wollen. Die Flüchtlinge sind keine Gegner und wir sind da, um zu helfen."

Unterwegs gab es dann etwa auf halber Strecke einen akuten Fall. Um vier Uhr morgens wurden die Helfer von einer Syrerin geweckt. Ihr Mann ist Diabetiker und gefährlich unterzuckert, sein Blutmessgerät war auf der Flucht verloren gegangen. "Das war aber der einzige akute Fall auf der Fahrt", sagt Bücherl. "Die sind ja schon ewig unterwegs und haben das Ziel endlich irgendwo anzukommen - die wollten einfach schlafen." Aufgrund des hohen Anteils von Kindern unter den Flüchtlingen, waren die Helfer dann hauptsächlich damit beschäftigt, Windeln und Babynahrung zu verteilen. Und was bei dem langen Weg, den die Menschen hinter sich hatten, nicht verwundert: Sie mussten mehrere schmerzende Füße behandeln.

Wann die Deisenhofener wieder auf der Strecke unterwegs sind, ist ungewiss. Bis auf weiteres sind die Züge mit Helferteams versorgt, dennoch sind Bücherl und seine Mitstreiter bereit und würden jederzeit wieder einen Einsatz übernehmen - auch wenn das für die Ehrenamtlichen bedeutet Urlaub zu nehmen und mitunter 24 Stunden am Stück unterwegs zu sein.

© SZ vom 31.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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