Oberhaching:Lernen auf dem Kyberg-Campus

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Schulleiterin Claudia Sanders schaut ihren Schülern über die Schulter. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Oberhachinger Wirtschaftsschule bietet mit ihrer praxisnahen Ausbildung den Absolventen gute Perspektiven

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Auf dem Oberhachinger Kyberg ist vieles möglich, vielleicht sogar alles. "Bildungsmeile" nennen manche die Aneinanderreihung von Schulen und Bibliothek. Und obwohl hier mit dem Gymnasium und der Mittel- und Wirtschaftsschule so riesig der Campus auf dem grünen Hügel auch wieder nicht wirkt und mit der Wiese als Pausenhof eher ländliche Idylle als ein Konglomerat von Studierräumen ausstrahlt, sind die Angebote an Schulabschlüssen und Weiterbildung in den vergangenen Jahren jenseits der allgemeinen Hochschulreife und dem normalen Hauptschulabschluss in Oberhaching doch um einige erweitert worden. Seit fünf Jahren ist unter dem Dach der Mittelschule auch eine staatliche Wirtschaftsschule etabliert worden, die als Schulversuch begann, inzwischen offiziell anerkannt wurde und einen praxisnahen Mittleren Bildungsabschluss ermöglicht.

Sie ist beliebt, "die kleinste weiterführende Schule im Landkreis München", wer in der siebten Klasse einer Mittelschule mehr als den "Quali" anstrebt, wer auf Gymnasium oder Realschule feststellt, doch die falsche, zu wenig praxisorientierte Schulform gewählt zu haben, klopft nicht selten bei Schulleiterin Claudia Sanders in Oberhaching an die Tür. Mit dem Schwerpunkt Wirtschaft, der sich in die Bereiche Handel und Mathematik teilt, konnte Oberhaching in den vergangenen Jahren derart punkten, dass die Gemeinde den Mittelschulstandort ausbaute und die Schülerzahlen von 180 auf 230 steigerte. Für diejenigen, die sich für die Oberhachinger Mittelschule entschieden, sei die Motivation groß, von Klasse acht an die Wirtschaftsschule zu absolvieren, betont die Schulleiterin, "in diesem Jahr sind das 70 Prozent unserer Siebtklässler", sagt Sanders stolz.

Die Zukunftsperspektiven seien sehr gut, "vergangenes Jahr konnten alle unsere Absolventen unterkommen, als Auszubildende oder bei einer weiterführenden Schule". Ein ehemaliger Wirtschaftsschüler aus Oberhaching studiere sogar, schwärmt Schulleiterin Sanders.

Doch sollen auch die schwächeren Mittelschüler in Oberhaching nicht vernachlässigt werden. Für diejenigen, die weit entfernt davon sind, den für diesen Wechsel innerhalb des Schulhauses geforderten Notendurchschnitt von 2,66 in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch in ihrem Zeugnis für die Versetzung in die achte Klasse stehen zu haben, gibt es sogenannten Praxis-Klassen. Durch kleinere Klassen und häufige Betriebspraktika sollen diese Jugendlichen den Weg ins Berufsleben trotz eher bescheidener Noten schaffen. "Wir haben enge Kontakte zu den Betrieben und viele Schüler bekommen durch die Praxis eine Lehrstelle, die sonst keine Chance hätten", sagt Sanders.

Gleichwohl bleiben immer noch einige Sorgenkinder, für die sich keine Praktikumsplätze finden, denen die Schule noch mehr auf die Sprünge helfen muss als den anderen. Einen Motivationsschub für diese Jugendlichen erhofft sich Sanders mit der im kommenden Schuljahr startenden Jobwerkstatt. Der Kreistag hat diese Woche für das zunächst zweijährige Pilotprojekt eine Förderung von knapp 500 000 Euro beschlossen.

In einer umgebauten Halle der Firma Walleitner im Oberhachinger Gewerbegebiet sollen in Kooperation mit dem Kolping-Bildungswerk die Jugendlichen aus Oberhaching, Taufkirchen und Unterhaching zweiwöchige Praxiserfahrungen in verschiedenen Handwerksberufen sammeln. "Sie sollen in dieser Zeit auch wirklich etwas Bleibendes schaffen, etwa eine Bank für die Gemeinde bauen", ist Schulleiterin Sanders überzeugt von dem Konzept.

Gedacht ist dieses Angebot sowohl für die Praxis-Klassen als auch für die beiden Übergangsklassen an der Oberhachinger Mittelschule. Vor allem Kinder von Flüchtlingsfamilien, die derzeit im südlichen Landkreis untergebracht sind, besuchen die beiden Übergangsklassen der Jahrgangsstufen fünf und sechs sowie sieben bis neun. Das Engagement des Kollegiums für diese Kinder sei großartig, lobt die Schulleiterin, denn teilweise müssten die Schüler erst einmal alphabetisiert werden. "Es helfen alle zusammen, viele machen in Eigenregie eine Fortbildung für Deutsch als Zweitsprache", sagt sie.

Vor allem hofft Sanders durch viele Projekte und Events den Zusammenhalt an ihrer Schule mit all ihrer Vielfalt zu fördern. "Gegenseitiger Respekt ist oberstes Gebot", sagt sie, und den will sie auch mit besonderen Angeboten fördern. Es gibt inzwischen eine Bandklasse, die bei Veranstaltungen auftritt, ein gemeinsames Trommelprojekt, einen Schulgarten und Schulhund "Spike". Auch einen Film über ihre Schule haben die Jugendlichen gemeinsam mit einem Studenten der Filmhochschule gedreht. Demnächst soll es auch einen eigenen Schulsong geben. Denn Sanders ist überzeugt: "Schule muss auch Spaß machen."

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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