Neue Wirkungsstätte:"Jede Pfarrei hat Interessen"

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Als neuer Leiter des Pfarrverbands Haar will Kilian Thomas Semel auf die besonderen Traditionen der einzelnen Gemeinden Rücksicht nehmen, aber auch das große Ganze im Blick behalten

Interview Von Bernhard Lohr, Haar

In Haar angekommen. Bei seiner offiziellen Amtseinführung erhielt Pfarrer Kilian Thomas Semel (links) vom amtierenden Dekan Czeslaw Lukasz (rechts) symbolisch einen Schlüssel für die Kirche. (Foto: Claus Schunk)

Pfarrer Kilian Thomas Semel ist an diesem Wochenende offiziell als Leiter des Pfarrverbands Haar eingeführt worden. Es ist nach Olching, Bad Kohlgrub und Unterhaching seine vierte Pfarrstelle in 16 Jahren. Er ist also schon ganz schön herumgekommen. Es wurde ihm wohl in die Wiege gelegt. Geboren ist er im Saarland, doch die Vorfahren kamen aus Franken, der Oberpfalz und dem Allgäu. Semel trat als junger Mann in den Benediktinerorden ein und ging in die Abtei Königsmünster im Sauerland. Nachdem er Theologie an der Universität München studiert hatte, verbrachte er eine Zeit als Ordensmann im westafrikanischen Togo. Die SZ sprach mit dem 51-Jährigen über seine neue Wirkungsstätte.

SZ: Herr Pfarrer Semel, Sie sind seit 1. August in Haar. Sind Sie schon richtig angekommen?

Kilian Thomas Semel: Ja, ich habe in den wenigen Wochen sehr viele gute, schöne, offene Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen in den Pfarreien des Pfarrverbands gehabt. Es ist, denke ich, erst einmal wichtig für mich hinzuschauen und hinzuhören, was notwendig ist, was die Erwartungen sind.

Sie haben jetzt direkt ein großes Jubiläumsfest vor sich: 40 Jahre St. Bonifatius. Da sind sie gleich gefordert.

Vieles war schon vorher geplant und in Gange. Ich freue mich natürlich, am Anfang solch ein Jubiläum begehen zu könne. So erlebe ich St. Bonifatius als sehr lebendige, aktive Gemeinde, bei der ich darauf aufbauen kann, was meine Vorgänger in vier Jahrzehnten entwickelt haben.

Jetzt wollen Sie wahrscheinlich selbst Akzente setzen.

Einen Schwerpunkt wird für mich die Pastoral mit jungen Familien, Kindern und Jugendlichen bilden. Ich glaube, auch mit Blick auf das neue Wohngebiet im Jugendstilpark, das um die dortige Kirche entstehen soll, dass wir gerade die jungen Familien und die Kinder in den Blick nehmen müssen. Das ist unsere Zukunft.

Die Kirche Maria Sieben Schmerzen ist mittlerweile Filialkirche in ihrem Pfarrverband. Früher gehörte sie zur Klinik.

Sie wird schon gut genutzt. Jeden Sonntagabend kommt eine kleine Schar zwischen 30 und 50 Personen zu den Gottesdiensten. Die Kirche hat eine eigene Atmosphäre. Sie gehört ja dem Bezirk Oberbayern. Wer die Kirche besucht, wird einerseits fasziniert sein von der Schönheit des Jugendstils; er wird aber auch sehen, dass sie in den nächsten Jahren im Inneren gereinigt und renoviert werden muss, weil sich der Schmutz der Jahrzehnte im Mauerwerk festgesetzt hat.

Sie sind als Pfarrer Chef der Pfarrverbands-Verwaltung. Stehen sonst größere bauliche Aufgaben an?

Zum Glück ist hier in Haar, soweit ich es übersehen kann, in den vergangenen Jahren viel geschehen. Es ist alles in sehr gutem baulichen Zustand. Ich erinnere nur an die Kirchenrenovierung in Gronsdorf. Auch die anderen Kirchen, die ich angeschaut habe, machen einen guten Eindruck.

Sie kommen in einen Pfarrverband, der eine 15 Monate währende Vakanz hinter sich hat. Viele übernahmen in dieser Zeit Verantwortung und entwickelten eine Eigenständigkeit. Wie geht der neue Pfarrer damit um?

Ich denke, was Ehrenamtliche tun wollen und können, das sollen sie gerne tun. Es gib natürlich Dinge, die in der Verantwortung der Kirchenverwaltung und des Pfarrers liegen. Es soll ein gutes Miteinander sein.

Ruhestands-Pfarrer Albert Schamberger half die Zeit zu überbrücken.

Ich bin sehr dankbar, dass er über diesen langen Zeitraum das sehr gut gemanagt hat. Er wird mir weiterhin zur Seite stehen. Dazu kommen ein Pfarrvikar mit einer halben Stelle und ab November eine zweite pastorale Mitarbeiterin.

Vor drei Jahren gingen die Pfarreien in Haar in einem Pfarrverband auf. Wächst da was zusammen?

Es ist ein Prozess. Das wächst und reift. Ich finde es problematisch zu glauben, dass jetzt alles eins sein soll. Jede Pfarrei hat Interessen, Herausforderungen zu bewältigen und eigene Ziele. Da gilt es, Schnittmengen zu finden. Gelebte Tradition in jeder eigenen Pfarrei ist notwendig, aber auch der Blick aufs Ganze.

Sie haben kürzlich passenderweise St. Bonifatius zitiert und erklärt, wie wichtig Ihnen die Verkündung von Gottes Botschaft ist. Sie verstehen sich selbst als einen Mann des Wortes?

Ja, ich habe das Talent mitbekommen, dass ich gut reden kann und gut predigen kann. Meine Mutter hat zu mir in meiner Jugendzeit gesagt: Junge, du musst dein Geld mit dem Mund verdienen und nicht mit der Hand. Ich bin jemand, der mit beiden Beinen im Leben steht und weiß, worauf es ankommt und eine gewisse Lebenserfahrung mitbringt. Ich will vorleben, dass es sich lohnt, Christ zu sein und sein Christsein zu leben.

Hatten Sie schon Kontakt zur evangelischen Pfarrerin in Haar?

Das gab es schon; bei der Vorbereitung des Gottesdiensts zur Segnung der Erstklässler trafen wir uns und wir haben vereinbart, dass wir uns weiter zum ökumenischen Seelsorgergespräch regelmäßig treffen werden. Die Ökumene, die hier sehr gut im Pfarrverband funktioniert und praktiziert wird, ist mir ein Anliegen.

Sie waren jetzt zuletzt fast sieben Jahre Pfarrer in Unterhaching. Was haben Sie dort hinterlassen?

Ich habe in Zusammenhang mit meinem Abschied Trauer mitbekommen, dass ich gehe, aber auch Verständnis. Mein größtes Projekt war die Kirchenrenovierung von St. Alto, die ich als gelungen ansehe und die nur positive Resonanz gefunden hat. Das war ein sehr zeitaufwendiges und mitunter anstrengendes Projekt.

Warum sind Sie überhaupt gewechselt von Unterhaching nach Haar?

In Zusammenhang mit meinem 50. Geburtstag stellte ich mir die Frage, wann der richtige Zeitpunkt ist, noch einmal etwas Neues anzufangen. Es geht schließlich in das letzte Drittel des aktiven Lebens hinein. Ich hoffe, dass ich noch viele Jahre in Haar kraftvoll meinen Dienst tun kann. Mein Leitfaden dabei soll der Weihespruch meiner Priesterweihe sein, der aus dem Hebräerbrief stammt: "Für die Menschen bestellt." Dem fühle ich mich verpflichtet.

Das heißt, im Pfarrhaus in Haar kann man vorbeischauen, dort kann man anrufen, die Türen stehen offen?

Genau, ja.

© SZ vom 19.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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