Neue Publikation:Kirchlich-kultureller Fleck in der Ortsmitte

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Gemeindearchivar Alfred Hutterer inmitten älterer Gräber. (Foto: Claus Schunk)

Der Baierbrunner Alfred Hutterer hat ein reich bebildertes Buch zum Alten Friedhof herausgebracht

Von Udo Watter, Baierbrunn

Alfred Hutterer hat ein Faible für Friedhöfe. Ob in Schwabing oder in der Jachenau - einen interessanten Gottesacker genauer unter die Lupe zu nehmen, gehört zu den Leidenschaften des 70-Jährigen. Nicht weil Hutterer ein Anhänger der Schwarzen Szene wäre und im Vollmondlicht gerne Dark-Wave-Musik hört. I wo. Der Baierbrunner, der im Gemeinderat seines Heimatortes sitzt, ist solcher Neigungen unverdächtig. Als Gemeindearchivar mag er es einfach, einen derartigen Ort mit den geübten Augen des historisch Interessierten zu lesen. Dass die Jachenau etwa lange eine arme Gegend war, sieht er dann an solchen Details, dass die Grabsteine am Friedhof vielseitig beschrieben sind. "Heimatgeschichtlich ist so ein Besuch immer sehr interessant", sagt Hutterer.

Eine reizvolle Begräbnisstätte hat er freilich auch vor der Haustür - zu der er überdies noch eine besondere Beziehung hat. Als Mitgründer und Leiter der Pflegegruppe "Alter Friedhof" hat er sich mit anderen Helfern viele Jahre lang ehrenamtlich darum gekümmert, dass der "kirchlich-kulturelle Fleck" im Herzen Baierbrunns nicht verfällt: Rasen ansäen, Bodenplatten verlegen, Inschriften auf den Grabsteinen wieder lesbar machen, Hecken schneiden, Brunnen putzen und anderes.

Heute ist der Ort, der 1975 aufgelöst werden sollte, ein Idyll im Dorf und ein "historisches Gedächtnis", wie Hutterer sagt. Etliche Persönlichkeiten liegen dort, die auf die ein oder andere Weise die Ortshistorie geprägt haben: der Gauschützenmeister Gustav Ludwig, der Lehrer Lorenz Bibel, der Posthalter Martin Köck oder der renommierte Theologe und Palästina-Forscher Wilhelm Hotzelt, dem die Nazis in den Dreißigern wegen kritischer Einlassungen die Professur aberkannten.

Hutterer, der in seinem mit Büchern und Ordnern vollgestellten Arbeitszimmer gerne alte Dokumente, Register oder Inventarlisten stöbert, welche die Geschichte seiner Heimatkommune betreffen, hat nun auch ein Buch über dieses geliebte Thema herausgebracht: "Der Alte Friedhof in Baierbrunn". Die sorgfältige und akribische Dokumentation zum Friedhof, der wie die angrenzende Kirche St. Peter und Paul seit 1835 unter Denkmalschutz steht, ist eher was für lokalhistorische Liebhaber und nur in kleiner Auflage erschienen. Sie liefert eine Übersicht und Beschreibung aller 83 Gräber mit Fotos und kurzen biografischen Infos, dazu alte Karten des Geländes und einen Lageplan. In erster Linie interessant sind natürlich diverse Lebensgeschichten der Bestatteten, und wie sie mit der Entwicklung des Ortes zusammenhängen. 1876 etwa wurde das erste Schulhaus eröffnet und der erste Lehrer angestellt. 1898 war die Isartalbahn fertig gestellt. Ein Blickfang am Friedhof ist die Grabstätte des Reichsbahnzugführers Franz Winterle: Der Mittelteil ist bekrönt mit einem Totenleuchtehäuschen, an den Seitenteilen ist eine Dampflok sowie die Baierbrunner Kirche eingemeißelt. Aber auch der schwarze Grabstein-Obelisk über dem Grab von Hedwig Späth und ihre Geschichte ist bewegend: Späth wurde mit Brautkleid in den Sarg gelegt - sie starb einen Tag vor ihrer Hochzeit. "Das sind schon Schicksale" sagt Hutterer.

Man erfährt noch andere interessante Dinge in dem reich bebilderten Buch, das sich durch ein anspruchsvolles Layout auszeichnet. Grundlage der Forschungen waren Fotos, Sterbebilder, Urkunden, Rechnungen und der Friedhofsplan von 1975. Die beschrieben Gräber stammen alle aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Hinzu kommen noch die Kriegerdenkmäler aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Bestattet wurde im Isartal natürlich schon weit früher. Ein erstes Gräberfeld aus dem sechsten Jahrhundert wurde in Baierbrunn 1997 nordöstlich der Dorfkirche dokumentiert. Der Alte Friedhof selbst besteht etwa seit dem 12. Jahrhundert. Fast alle Gräber sind nach Osten ausgerichtet. Hutterer, langjähriger Vorsitzender des "Vereins für Heimatpflege", hat bereits diverse Bücher zur Lokalhistorie veröffentlicht. Vom jüngsten, in kleiner Auflage erschienenen Buch "Der Alte Friedhof in Baierbrunn" sind derzeit nur noch wenige Ausgaben erwerbbar, und das zum Liebhaberpreis von 69 Euro.

© SZ vom 18.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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