Neubiberg:Autofahrer verblüffen die Straßenplaner

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Engpass: Der Effekt der "Nasen" ist umstritten. (Foto: Angelika Bardehle)

Ohne Verengungen wird auf der Zwergerstraße langsamer gefahren. Auf der Bürgerversammlung in Unterbiberg ist der Verkehr das große Thema

Von Daniela Bode, Neubiberg

Die in Unterbiberg getroffenen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung zeigen Wirkung. Wie Verkehrsplaner Christian Fahnberg am Donnerstag bei der Bürgerversammlung in dem Neubiberger Ortsteil ausführte, fahren die Autos langsamer durch die Zwergerstraße, seit dort die zwei einseitigen Fahrbahnverengungen abgebaut wurden. Bürgermeister Günter Heyland von Neubibergs Freien Wählern verwies auf weitere Maßnahmen, um Verkehr aus der Durchgangsstraße herauszubekommen. Einige Bürger zeigten sich skeptisch. Überhaupt bestimmte das Thema Verkehr den Abend. Mehr als 100 Bürger, Gemeinderäte sowie etwa der Vizepräsident der Bundeswehruniversität Matthias Heinitz waren ins neue Pfarrzentrum St. Georg gekommen, in dem erstmals die Bürgerversammlung stattfand.

Das Ingenieurbüro Ingevost hatte im August eine Woche lang 24 Stunden am Tag die Geschwindigkeiten der Autos in der Zwergerstraße in beide Richtungen noch bei bestehenden Einengungen - Nasen nennt sie der Planer gern - gemessen. Dann wurden die Einengungen entfernt und es wurde zweimal eine Woche lang rund um die Uhr in der 30er-Zone gemessen. Das Ergebnis: Während vor dem Abbau die Höchstgeschwindigkeit noch bei 83 Stundenkilometern lag, nahm sie nach dem Entfernen der Nasen ab: Zunächst betrug sie 76 km/h, später nur noch 49. "Je länger es so ist, desto mehr akzeptieren die Fahrer es, wie es ist", resümierte Fahnberg. Er selbst war positiv überrascht. Die Idee ist nun, in einem halben Jahr erneut zu messen und weitere Schritte zu ergreifen, wenn sich die Geschwindigkeit signifikant, also um zehn oder 15 km/h, erhöht. Die Nasen waren angebracht worden, um das Durchfahren unattraktiv zu gestalten.

Viele Anwohner hatten aber über negative Auswirkungen wie ständiges Anfahren und Abbremsen geklagt. Wie der Gemeinderat beschlossen hat, sollen schrittweise weitere Maßnahmen getestet werden, bei der Lilienthalstraße ist beispielsweise an eine Fahrbahnverschwenkung gedacht.

Einige Bürger zeigten sich trotz der Zahlen skeptisch. Eine Bürgerin behauptete, dass zwar langsamer, aber mehr gefahren werde und verwies auf die Baustellenfahrzeuge des städtischen Wohnbauprojekts am Perlacher Tor. Fahnberg entgegnete, dass die aktuellen Zählungen etwa 4800 Fahrzeuge am Tag in beide Richtungen ergeben hätten, während es bei den Zählungen vor zwei Jahren mehr als 6000 gewesen seien. Die Bürgerin überzeugte das nicht: "Es kommt einem mehr vor, als Sie sagen. Ich kann Ihren Zahlen nicht glauben." Sie schlug wie andere erneut vor, ein Lkw-Durchfahrverbot einzuführen, erfuhr aber vom Bürgermeister, dass das Landratsamt einem solchen nicht zustimmen würde. "Dann gehen wir auf die Straße und machen eine Sitzblockade", sagte sie. Andere Unterbiberger lobten derweil die Ergebnisse: "Ich glaube der Zählung schon", sagte einer. "Ich fahre ruhiger, seit die Nasen weg sind", und bekam Applaus.

Wie zu erwarten kam erneut die Südanbindung Perlach (SAP), eine Entlastungsstraße zwischen Unterhachinger und Carl-Wery-Straße, zur Sprache. "Wo sind die wirklich großen Überlegungen?", fragte Reinhold Himmel aus der Zwergerstraße. "Die nachhaltigste Lösung wäre die SAP kurz oder lang." Er sagte das auch unter Verweis auf den erwarteten Verkehr durch die neuen Bauten am Perlacher Tor und die angedachten Vorhaben auf dem Grundstück südlich der Nabburger Straße, wo sich einst Löwenbräu ansiedeln wollte. Auf ihrem Teil denkt die Stadt München über Wohnbebauung nach, die Gemeinde Neubiberg über Gewerbeansiedlung. Der Gemeinderat hatte vor einer Weile mit knapper Mehrheit beschlossen, die SAP nicht weiterzuverfolgen.

Der Rathauschef warnte vor falschen Hoffnungen: "Der Verkehr wird zunehmen, das können wir nicht verhindern." Heyland erläuterte, wie dem begegnet werden soll. Er stellte in Aussicht, dass möglicherweise mehr inneruniversitärer Verkehr über das Osttor der Bundeswehruniversität gelenkt werden könnte. "Es sieht gut aus, dass wir da zu einer Lösung kommen." Gleichzeitig verwies er auf Gespräche mit München bezüglich des Grundstücks südlich der Nabburger Straße. Man suche eine gemeinsame Lösung, was Wohnen, Gewerbe, Hochwasser und natürlich den Verkehr dort angehe. "Wir werden mit der Stadt auch über eine Umgehungsstraße nachdenken.

© SZ vom 19.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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